Ein 18-Jähriger, der als bester Freund des Amokläufers Tim K. gilt, beschrieb diesen als “ganz normal“. Betreuerin zieht Zeugenaussage zurück.

Stuttgart. Eine Betreuerin der Familie des Amokläufers von Winnenden hat ihre Zeugenaussage zurückgezogen, die Eltern seien über Tötungsfantasien ihres Sohnes informiert gewesen. „Das war der Familie definitiv nicht bekannt“, sagte die Mitarbeiterin eines Kriseninterventionsteams am Dienstag vor dem Landgericht Stuttgart. Bei ihrer ersten Aussage vor knapp zwei Wochen sei ihr ein Fehler unterlaufen, sagte sie mit Tränen in den Augen.

Der Vorsitzende Richter sprach von einer überraschenden "Schräglage“ und legte durch verschiedene Fragen nahe, dass er vermute, die Zeugin sei nach ihrer ersten Aussage etwa von Seiten der Familie unter Druck geraten. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Strafverfahren wegen versuchter Strafvereitelung und des Verdachts auf Falschaussage ein.

Der Vater des Amokläufers steht seit Mitte September vor Gericht, weil er eine seiner Pistolen unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt hatte. Damit hatte sein 17 Jahre alter Sohn am 11. März 2009 an seiner früheren Realschule in Winnenden und auf der Flucht nach Wendlingen 15 Menschen und sich selbst erschossen.

Ein Freund und früherer Mitschüler berichtete, Tim K. habe Freunden den Tresor im Elternhaus geöffnet und ihnen eine oder mehrere Waffen darin gezeigt. Der 18-Jährige konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, wie Tim K. im Jahr 2008 den Tresor geöffnet und ob er die Pistolen herausgeholt hatte. Die Frage, ob Tim K. den Code für den Tresor kannte, spielt eine wichtige Rolle in der Verhandlung: Kannte er die Zahlenkombination, könnte er die Tat auch begangen haben, ohne dass er auf die vom Vater im Schlafzimmer unverschlossen aufbewahrte Pistole hätte zurückgreifen müssen. Sollte der Geschäftsmann wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden, drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.

Der 18-Jährige gilt als bester Freund des Todesschützen. Er beschrieb Tim K. als „ganz normal“. Am Tag vor dem Massaker habe er nichts Auffälliges bemerkt , ihm seien auch keine dunklen Seiten seines Freundes bekannt. Er habe keinerlei Anhaltspunkte für Tims Motive, fügte der schüchtern und zurückhaltend wirkende junge Mann hinzu.

Der Gutachter Reinmar Du Bois, der ein psychiatrisches Profil von Tim K. angelegt hatte, wurde von der 18. Kammer wegen Befangenheit ausgeschlossen. Er habe entgegen seiner Zusicherung, keine Opfer des Amoklaufes zu behandeln, einen Zehntklässler der Albertville-Realschule wegen prosttraumatischer Belastungsstörung therapiert.