BP platzierte eine Absaugglocke über dem Bohrloch. Doch nur ein Bruchteil des täglich ausströmenden Öls wird damit abgesaugt.

Venice. Nach einer Serie von Rückschlägen ist BP beim Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko einen wichtigen Schritt vorangekommen. Dem britischen Konzern gelang es, eine Absaugglocke über dem leckgeschlagenen Bohrloch zu platzieren und damit am Freitag einen Teil des Öls aufzufangen. Die US-Küstenwache sprach von einer positiven Entwicklung, aber auch von einer nur notdürftigen Reparatur. Täglich würden auf diese 1000 Barrel Öl abgesaugt – ein Bruchteil der bis zu 19.000 Barrel, die nach Regierungsschätzungen seit über sechs Wochen täglich ins Meer strömen.

US-Präsident Barack Obama sagte eine Auslandsreise ab, um die Katastrophenregion zu besuchen. Er warf BP wütend vor, zu langsam auf die schwerste Ölkatastrophe in der US-Geschichte reagiert zu haben. BP vertagte eine an den Finanzmärkten mit Spannung erwartete Entscheidung zur nächsten Dividende.

Der Fortschritt von BP im Golf von Mexiko weckte bei der aufgebrachten Öffentlichkeit Hoffnungen, dass der Konzern die Ölpest endlich unter Kontrolle bringen könne. Ein BP-Manager nannte als Ziel, mindestens 90 Prozent des auslaufenden Öls abzusaugen. Um die Ergebnisse zu verbessern, müsse die nächsten Tage noch hart gearbeitet werden. „Es sollte klappen“, sagte der BP-Vertreter Doug Suttles dem Fernsehsender CNN. In einer heiklen Operation hatte BP zunächst ein beschädigtes Steigrohr in 1500 Metern Tiefe gekappt und dann die Glocke installiert.

Die Menge des abgesaugten Öls werde wohl noch gesteigert werden können, erklärte die Küstenwache. Laut BP kann ein vollständig abgedichteter Öl-Absaugtrichter bis Ende des Monats eingebaut werden. Der Konzern setzt aber mittelfristig vor allem auf Entlastungsbohrungen, die den Ausstrom ganz stoppen sollen. Dies wird nach Schätzungen von BP aber nicht vor Mitte August möglich sein.

Die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ war am 20. April nach einer Explosion gesunken . Das seitdem ausströmende Öl bedroht die Existenz unzähliger Tiere und Pflanzen an den Küsten von Louisiana, Mississippi und Alabama. Ausläufer des Ölteppichs erreichten offenbar auch den Nordwesten Floridas. An einem bei Urlaubern und Schwimmern beliebten Strand wurden Teerklumpen gesichtet, wie Augenzeugen und Behörden berichteten.

Fernsehbilder von immer mehr ölverschmierten Vögeln schürten unterdessen den Zorn der US-Bevölkerung und setzten Präsident Obama immer stärker unter Handlungsdruck. Um zum dritten Mal seit Beginn der Katastrophe die Region zu besuchen, sagte Obama eine Reise nach Australien und Indonesien ab. Er sei sehr wütend über die Situation am Golf, erklärte Obama auf CNN. Jemand habe die Konsequenzen seines Handelns nicht bedacht.

BP-Chef Tony Hayward erklärte, der Konzern habe ausreichend Geld für die Aufräumarbeiten im Golf. Neben Barmitteln von fünf Milliarden Dollar könne BP auch auf Kreditlinien zurückgreifen. Bisher hat BP schon über eine Milliarde Dollar für die Folgen der Ölpest ausgegeben. Das Unternehmen versuchte, zweifelnde Investoren auf einer Telefonkonferenz zu beruhigen. Doch eine Entscheidung über die nächste Quartalsdividende wurde vertagt.

Ob Geld an die Aktionäre ausgeschüttet werde, entscheide das Direktorium unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände. Zwei US-Senatoren hatten den Konzern aufgefordert, auf die Zahlung solange zu verzichten, bis die gesamten Kosten der Ölpest bekannt seien. BP schüttet im Jahr rund 10,5 Milliarden Dollar an seine Aktionäre aus. Die meisten Analysten gehen davon aus, dass BP die Rechnung für die Aufräumarbeiten bezahlen kann, ohne auf die Ausschüttung einer Dividende zu verzichten.