Die Räuber konnten nur knapp 242.000 Euro des Poker-Turniergeldes erbeuten. Die Polizei rechnet damit, die Täter schnell zu fassen.

Berlin. Nach dem spektakulären Überfall auf das große Pokerturnier in Berlin hofft die Polizei, die vierköpfige Räuberbande schnell zu fassen. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses auf Fragen nach den Erfolgsaussichten der Fahndung. Ein Polizeisprecher sagte, angesichts der zahlreichen Filmaufnahmen, Zeugen und Spuren am Tatort rechne man mit einer recht zügigen Aufklärung des Verbrechens. Laut Glietsch erbeutete die Bande im Hotel „Grand Hyatt“ am Potsdamer Platz knapp 242 000 Euro aus der Poker-Kasse.

Details zum Stand der Ermittlungen wollte Glietsch nicht nennen. Nach Polizeiangaben wurden bis Montagnachmittag 20 Zeugen vernommen, darunter Wachleute, Poker-Spieler und Beobachter. Ein Raubkommissariat des Landeskriminalamtes (LKA) analysiere weiterhin die Spuren. Auf Bildern aus Überwachungskameras ist zu sehen, dass einer der Räuber keine Handschuhe trug. Von einem anderen soll nach Medienberichten das Gesicht zu sehen sein. Auch Filme von Videokameras umliegender Gebäude am Potsdamer Platz sollen gesichtet werden. Daraus könnten sich Hinweise auf den Fluchtweg ergeben. Bislang gebe es keine Hinweise auf eine spezielle Tätergruppe wie etwa die sogenannte Balkan-Mafia.

Im Tresor im Foyer vor dem Poker-Saal lagen laut Glietsch 691 000 Euro an eingezahlten Startgeldern. Diese Summe hätten die Veranstalter des Turniers den Behörden genannt. Die Täter wären mit deutlich mehr Geld entkommen, wenn nicht ein Praktikant des Hotels einem Räuber eine mit Banknoten gefüllte Tasche entrissen hätte.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft im Beamtenbund (DPolG) sprach von amateurhaftem Vorgehen der Täter „in einer neuen Dimension“. Wer vor laufender Kamera einen solchen Überfall begehe, sei eher ein Dilettant, sagte der Gewerkschafts-Vorsitzende Rainer Wendt im Fernsehsender N-TV. Er rechne damit, dass die Täter schnell gefasst werden.

Laut Glietsch stürmten die vier maskierten und mit Schusswaffen und einer Machete bewaffneten Männer am Sonnabendnachmittag durch einen geöffneten Notausgang ins Hotel. Die Räuber hätten sich das Geld in Jackentaschen und eine dort gefundene Notebooktasche gestopft, berichtete Glietsch. Es gab aber auch Widerstand: Ein Wachmann griff die Räuber an, als sie hinter einer Theke Geld einpackten, bewarf sie mit herumliegenden Gegenständen und nahm einen Täter in den Schwitzkasten. Der Wachmann musste ihn aber wieder laufenlassen, als er von einem Komplizen angegriffen wurde. Das Durcheinander nutzte der Hotel-Praktikant und griff nach der Tasche voller Geld.

Die Räuber tauchten zwischen den vielen Menschen in der Einkaufspassage am Potsdamer Platz unter und flohen weiter Richtung Landwehrkanal. Ernsthaft verletzt wurde niemand, Schüsse fielen nicht. Das Turnier wurde wenig später fortgesetzt und ging am Sonntag planmäßig zu Ende. Ob der wagemutige Praktikant eine Belohnung erhält, blieb am Montag offen. Eine Hotel-Sprecherin sagte, aus Sicherheitsgründen wolle man sich nicht dazu äußern.

Ob DNA-Spuren etwa von der zurückgelassenen Tasche zu den Räubern führen, sei noch nicht klar, hieß es bei der Polizei. Erst müsse geklärt werden, ob die DNA-Spuren wirklich von den Tätern stammten und in einer Kartei erfasst seien. Es sei allerdings nicht unwahrscheinlich, dass die Räuber der Polizei schon früher aufgefallen seien.

DPolG-Chef Wendt kritisierte den Turnierveranstalter European Poker Tour (EPT). Wer mit solchen Geldsummen in bar hantiere und sie offen herumliegen lasse, müsse dafür sorgen, dass genügend Sicherheitspersonal aufpasse. Erste Konsequenzen zogen die Veranstalter bereits am Sonntag. Das Startgeld musste in der gegenüberliegenden Spielbank gezahlt werden. Dort stehen mehrere verglaste Kassenhäuschen.

Der Polizeipräsident wies Kritik zurück, wonach alarmschlagende Anrufer vom Turnier mit ihrem Notruf zu lange in der Warteschleife der Polizei ausharren mussten. Genaue Zahlen habe er noch nicht, aber es habe zur fraglichen Zeit zahlreiche Notrufe gegeben, so dass nicht alle gleichzeitig beantwortet werden konnten.

Bei dem Poker-Turnier um den Hauptgewinn von einer Million Euro waren vergangene Woche auch Prominente wie Ex-Tennisprofi Boris Becker und Fernsehmoderatorin Charlotte Roche am Start. Sie schieden ebenso aus wie Titelverteidigerin Sandra Naujoks aus Berlin - in der Pokerszene als „Black Mamba“ bekannt. Aber es gab noch andere Runden: Am Sonnabend stand unter anderem der „High Roller“-Wettbewerb auf dem Programm, bei dem jeder Teilnehmer ein außergewöhnlich hohes Startgeld von 10 000 Euro zahlen musste. Deshalb dürfte so viel Geld in der Kasse gewesen sein.