Der Onkel eines verhafteten Mannes soll am Steuer des Fluchtwagens gesessen haben. In seiner Wohnung war er nicht anzutreffen.

Berlin. Im Zusammenhang mit dem Überfall auf das Poker-Turnier am Potsdamer Platz fahndet die Berliner Polizei einem Zeitungsbericht zufolge jetzt mit Haftbefehl nach einem fünften Täter. Das berichtet die „BILD“-Zeitung (Montag-Ausgabe) unter Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen. Bei dem Tatverdächtigen soll es sich nach Angaben der Zeitung um den Onkel eines bereits verhafteten mutmaßlichen Poker-Räubers handeln. Dem Mann werde vorgeworfen, am Steuer des Fluchtwagens gesessen zu haben.

Spezialeinheiten der Polizei haben dem Bericht zufolge am Sonntag die Berliner Wohnung des Tatverdächtigen gestürmt, hätten ihn aber nicht angetroffen. Am Montag solle mit einem Foto nach ihm gefahndet werden. Ein Polizeisprecher wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte keine Stellungnahme abgeben.

Zuvor hatte die "BERLINER MORGENPOST" berichtet, dass es Hintermänner aus einer der Polizei bekannten arabischen Großfamilie geben solle. Zwei Mitglieder dieser Familie hätten sich kurz vor dem Überfall im „Grand Hyatt“ aufgehalten haben und auf Überwachungsbildern zu sehen sein. Man suche nach möglichen Mittätern, sagte Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Die Ermittlungen erstrecken sich auf mögliche Tatbeiträge weiterer Personen.“ Mehr wollte er zu Spekulationen über eventuelle Auftraggeber für den Coup nicht sagen.

Seit Sonnabend sitzen alle vier mutmaßlichen Beteiligten des spektakulären Überfalls auf ein Berliner Poker-Turnier vor zwei Wochen in Untersuchungshaft. Die zwei am Sonnabend gefassten Verdächtigen seien vernommen worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Sonntag. Allerdings ist bislang unklar, wo die erbeuteten 242.000 Euro sind. „Die Beute ist nach wie vor nicht da“, sagte der Staatsanwalt.

Auch die letzten beiden Verdächtigen hatten zu hoch gepokert. Zwar konnten sie sich zunächst ins Ausland absetzen. Doch am Sonnabend stellten sie sich innerhalb weniger Stunden und flogen nach Berlin ein. Gegen 11.00 Uhr klickten bei einem 20-Jährigen auf dem Flughafen Tegel nach seiner Landung aus Istanbul die Handschellen. Nur acht Stunden später landete ein 19- Jähriger aus Beirut. Der Fahndungsdruck war wohl zu groß. Nach den Männern war international mit Fotos und Namen gesucht worden.

Die Anwälte des 20-Jährigen aus Berlin-Neukölln und des 19-Jährigen aus Kreuzberg hatten der Polizei telefonisch angekündigt, dass die mutmaßlichen Räuber aufgeben und sich stellen wollen. Polizeisprecher Frank Millert zeigte sich erleichtert über den Erfolg. Jetzt sollen die Männer vernommen werden. Denn wo die Beute von 242 000 Euro abgeblieben ist, war noch nicht klar.

Vier junge Männer aus Berlin mit türkischen und arabischen Wurzeln waren bei dem Überfall im Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz am helllichten Tag stümperhaft zu Werke gegangen. Sie hinterließen jede Menge Spuren, wurden von Überwachungskameras gefilmt und flüchteten in einem Auto, dessen Nummernschild sich ein Zeuge merken konnte. Der Wagen war auf einen 21-jährigen Verdächtigen zugelassen. Dieser stellte sich am Montagabend bei der Polizei und verriet seine Komplizen. Als Kronzeuge könnte er einen Strafrabatt bekommen.

Auch der zweite Verdächtige war noch in der Hauptstadt. Der 20- Jährige ließ sich am Mittwochabend widerstandslos festnehmen. Er war zufällig von einer Zivilstreife kontrolliert worden. Diese beiden sitzen bereits in Untersuchungshaft, die am Samstag Festgenommenen werden folgen. Bohrende Fragen wird es bei den Vernehmungen sicher dazu geben, wo die Beute geblieben ist. Dazu halten sich Polizei und Staatsanwaltschaft bedeckt. Der 21-Jährige hatte den Ermittlern gestanden, dass sie das Geld unter sich aufgeteilt hätten. Er wollte seinen Anteil zurückzugeben.

Am Mittwoch hatten Polizei und Staatsanwaltschaft bereits über Details des Überfalls berichtet. Als die jungen Männer von dem vielen Bargeld in der Turnierkasse im Hyatt-Hotel erfuhren, habe der 21- Jährige die Sicherheitsvorkehrungen ausgekundschaftet. Als er sah, dass das Wachpersonal keine Schusswaffen hatte, habe die Bande den Überfall beschlossen. Mit einem Revolver und einer Machete stürmten sie in das Hotel. Von da an ging aber alles schief. Wachmänner wehrten sich, und als drei Mitglieder der Bande mit Jackentaschen voller Bargeld schon am Ausgang standen, fehlte der vierte. Sie liefen zurück und befreiten ihn aus dem Schwitzkasten eines zwei Meter großen Sicherheitsmannes. Hunderttausende Euro aus der Beute blieben zurück.

Erschwerend für die mutmaßlichen Räuber kam hinzu, dass sie für die Polizei keine unbeschriebenen Blätter sind. Sie standen schon vorher wegen Diebstählen oder Raubüberfällen vor Gericht. Nach dem Überfall war sich selbst Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch ziemlich sicher, dass die Vierer-Bande schnell gefasst wird. Doch dann verging eine Woche, ohne dass ein Fahndungserfolg sichtbar wurde. Ein erster Verdächtiger musste wieder freigelassen werden - von einer Verwechslung war zunächst die Rede. Der Mann soll 2004 ein Spielcasino am Alexanderplatz überfallen haben. Staatsanwalt Frank M. Heller hatte vor wenigen Taten ein bemerkenswertes Detail der Öffentlichkeit präsentiert. Bei dem Mann sei ein Zettel mit sechs Namen gefunden worden – drei Namen gehörten zu der Poker-Bande.