Haitis Präsident René Préval relativierte die erwartete Zahl der Toten. Auch UN-Missionschef Hedi Annabi kam bei dem Erdbeben ums Leben.

Port-au-Prince. Die Zahl der Toten nach dem schweren Erdbeben in Haiti geht nach Angaben von Präsident René Préval in die Zehntausende, doch sind konkrete Angaben zur Zeit noch schwierig. „Ich habe von bis zu 50 000 Toten gehört, auch von 30 000. Es ist aber zu früh, um konkrete Zahlen zu nennen", sagte er in einem CNN-Interview. Sein Ministerpräsident Jean- Max Bellrive hatte zuvor von bis zu 100 000 Opfern gesprochen.

Bei dem schweren Erdbeben in Haiti ist auch der Chef der UN-Friedensmission in Haiti (MINUSTAH), der Tunesier Hedi Annabi, ums Leben gekommen. Er sei beim Einsturz des UN-Gebäudes gestorben, teilte Préval mit.

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Es war das schwerste Erdbeben in Haiti seit mehr als 150 Jahren. Dem US-Fernsehsender CNN erklärte er am Mittwoch, eine sehr hohe Zahl von Opfern stehe zu befürchten. Die Schäden seien hoch, der Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince sei trotz Problemen aber geöffnet.

Das Ausmaß des Schadens lässt sich noch immer nicht einschätzen. Es wird befürchtet, dass unter den Trümmern die Leichen Tausender Menschen begraben liegen. Mit verheerender Wucht traf der Erdstoß der Stärke 7,0 den Karibikstaat am Dienstag und ließ tausende Gebäude wie Kartenhäuser einstürzen. Unter den Toten ist auch der Erzbischof von Port-au-Prince, Joseph Serge Miot, wie ein französischer Priester berichtete.

Hilfsorganisationen warnten, Haiti sei wegen seiner großen Armut nicht für eine derartige Katastrophe gerüstet. „Die Krankenhäuser sind mit all diesen Opfern überfordert“, mahnte der Arzt Louis-Gerard Gilles. Die Infrastruktur und medizinische Versorgung in Haiti galt schon vor der Katastrophe als mangelhaft. Das Internationale Rote Kreuz geht von bis zu drei Millionen Betroffenen aus, die Hilfe benötigen - das wäre jeder dritte Bewohner.

Besonders betroffen ist die zwei Millionen Einwohner zählende Hauptstadt Port-au-Prince. Auch das Hauptquartier der UN-Mission in Haiti stürzte ein, über 100 Menschen, darunter der Missionschef Hedi Annabi und sein Stellvertreter Luiz Carlos da Costa, wurden vermisst. Nach Ansicht eines ranghohen Mitarbeiters könnte das Beben den Vereinten Nationen die höchste Opferzahl von UN-Mitarbeitern bescheren, die je bei Ausübung ihres Mandats auf einen Schlag ums Leben kamen. Rund 3000 UN-Mitarbeiter beteiligten sich an den Rettungsarbeiten. Die UN-Mission in Haiti besteht aus rund 7000 Soldaten und rund 2000 Polizisten, von denen die meisten aus Lateinamerika stammen.

Die Bundesregierung stellte rund 1,5 Millionen Euro Soforthilfe bereit. Hilfsorganisationen aus Deutschland und anderen Ländern stellten Lieferungen zusammen. Bundespräsident Horst Köhler übermittelte sein Beileid, US-Präsident Barack Obama sagte, seine Gedanken und Gebete seien bei den Menschen in Haiti. Papst Benedikt XVI. und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon baten um Hilfe für die Opfer. Die Vereinten Nationen hatten zuvor zehn Millionen Dollar (sieben Millionen Euro) als Soforthilfe bereitgestellt

Auf Veranlassung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wurde im Auswärtigen Amt ein Krisenstab eingerichtet. Der solle prüfen, ob auch Deutsche unter den Opfern des Erdbebens sind. Laut Ministerium leben etwa 250 Deutsche auf Haiti.

In der benachbarten Dominikanischen Republik, die sich mit Haiti die Insel Hispaniola teilt, wankten zwar Häuser, Berichte über Schäden in der auch bei Deutschen beliebten Urlaubsregion gab es aber nicht. Touristen waren nicht betroffen. Auch im Osten Kubas bebte die Erde.

Dutzende Schwerverletzte sind mittlerweile im Nachbarland Dominikanische Republik eingetroffen. Die Menschen würden in Bussen aus der rund 280 Kilometer entfernten haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince gebracht. Besonders schwere Fälle werden nach Behördenangaben in besser ausgestattete Krankenhäuser im Landesinnern überwiesen.

Genauere Schätzungen zum Ausmaß der Zerstörung könnten frühestens am Donnerstag vorliegen, erklärte das Rote Kreuz. Vom Präsidentenpalast bis zu den Hütten in den Vorstadtslums stürzten tausende Gebäude ein, darunter nach Augenzeugenberichten auch Krankenhäuser und eine Schule. Nach Angaben des Malteser Hilfsdienstes riss eine Schlammlawine ganze Armenviertel in die Tiefe.