Nach dem Erdebeben auf Haiti sind die ersten internationalen Rettungskräfte eingetroffen. Die früheren US-Präsidenten George W. Bush und Bill Clinton werden gemeinsam als Krisenbeauftragte arbeiten.

Port-au-Prince / Santa Domingo / Washington / New York. In der verwüsteten Hauptstadt Haitis beginnt mit zahlreichen Rettungsversuchen der Wettlauf gegen die Zeit. Menschen versuchen in Port-au-Prince verzweifelt Verschüttete frei zu bekommen, die unter tonnenschweren Betonblöcken begraben liegen. Auch in der zweiten Nacht nach dem Erbeben schliefen tausende Menschen auf den Straßen. Dort liegen noch immer notdürftig mit weißen Lacken bedeckte Leichen.

Viele Menschen scheinen weiter wie betäubt. Zahlreiche Hauptstadtbewohner machten sich zu Fuß auf den Weg in ländliche Regionen, wo Hütten aus Holz und Stein weitgehend intakt geblieben sind. Andere funktionierten Trucks in Krankenwagen um, aus Türen bauten sie Tragen.

Für die Verletzten gab es keine ausreichende medizinische Versorgung. Oft mussten sie ohne die grundlegendsten Dinge wie Wasser auskommen. Nach Einschätzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) brauchen drei Millionen Menschen dringend Hilfe. Einziger Hoffnungsschimmer: Die ersten internationalen Hilfsgüter und Rettungskräfte sind eingetroffen, der Weg in das Katastrophengebiet ist aber schwierig.

Bereits angekommen sind Helfer und Güter aus den USA, China, Großbritannien, Frankreich, Kuba und Island. Auch in Deutschland kam die Haiti-Hilfe ins Rollen. Dutzende Ärzte, Sanitäter, Techniker und Logistiker deutscher Organisationen werden in den nächsten Stunden und Tagen im Katastrophengebiet erwartet. Rund um Port-au-Prince wollen sie bei der Suche nach Vermissten und der Versorgung der Überlebenden helfen.

Auf Bitten des Weißen Hauses wird außerdem der frühere US-Präsident George W. Bush gemeinsam mit seinem Vorgänger Bill Clinton die Hilfsbemühungen der USA für Haiti koordinieren. Damit greift das Weiße Haus unter Präsident Barack Obama das Modell des US-Kriseneinsatzes nach der Tsunami-Katastrophe 2004 auf: Damals hatte Präsident George W. Bush seinen Vorgänger Clinton sowie den früheren Präsidenten George Bush senior als Krisenbeauftragte eingesetzt.

Die USA schicken 2.000 Marineinfanteristen, zivile Helfer, Schiffe, Transportflugzeuge und Hubschrauber in den Karibikstaat. US-Präsident Barack Obama kündigte ein Hilfspaket von 100 Millionen Dollar für die Erdbeben-Opfer an. Die US-Regierung habe „eine der größten Hilfsaktionen unserer jüngeren Geschichte“ auf den Weg gebracht, sagte er.

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Weltweit haben Regierungen bereits mehrere hundert Millionen Dollar Hilfe für die Überlebenden zugesagt, darunter auch Großbritannien mit 10 Millionen Dollar. Kanada beteiligt sich mit 4,8 Millionen Dollar und hat weitere 50 Millionen Dollar in Aussicht gestellt. Deutschland hat Haiti 2,2 Millionen Dollar (1,5 Millionen Euro) zugesichert.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte am Donnerstag in New York, dass bei dem verheerenden Erdbeben mindestens 22 UN-Mitarbeiter gestorben seien. Insgesamt 150 weitere werden noch vermisst. Bei dem Erdbeben in Haiti war das Hauptquartier der Minustah-Friedenstruppe in Port-au-Prince schwer beschädigt worden. Ban Ki Moon betonte, es komme nun auf schnelle Hilfe an. Dringend benötigt würden auch Helikopter. Die ersten 72 Stunden nach einer solchen Katastrophe seien entscheidend.

Auch viele Europäer werden auf der Karibik-Insel vermisst. Die französische Regierung hatte zuvor mitgeteilt, dass das Schicksal von rund 50 Franzosen ungewiss sei. Die Vertretung der EU-Kommission in Haiti sucht noch nach einem spanischen Mitarbeiter.

Der haitianische Präsident Rene Preval sagte dem Fernsehsender CNN, das Ausmaß der Katastrophe sei noch nicht zu fassen. Wahrscheinlich seien tausende von Menschen ums Leben gekommen. Es sei aber noch zu früh, um eine genaue Zahl zu nennen. Haitianische Regierungskreise rechneten jedoch mit bis zu 100.000 Toten. Ein Senator, Youri Latortue, ging sogar von bis zu einer halben Million Toten aus, räumte aber ein, dass noch niemand die genaue Zahl wissen könne.