Der frühere Techniktrainer Ricardo Moniz könnte als Chefcoach zurückkehren und mit seinem alten Weggefährten Frank Arnesen arbeiten.

Hamburg. Die hier zu erzählende Geschichte spielt in Hamburg, Salzburg und Gelsenkirchen und verläuft mit ihren Rochaden so überraschend, dass man sie sich nicht in seiner Fantasie so ausmalen könnte, dass sie noch glaubhaft wirken würde. Und sie geht so. Nach der Entlassung von HSV-Trainer Bruno Labbadia im April 2010 übernahm Techniktrainer Ricardo Moniz das Kommando für zwei Spiele. Eine Weiterpflichtung als Cheftrainer scheiterte damals auch daran, dass er bereits vom ehemaligen HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer zu Red Bull gelockt worden war, das sich auch die Dienste von Huub Stevens gesichert hatte. Für den Brausehersteller koordinierte er die Nachwuchsarbeit in Salzburg, Leipzig, New York, Brasilien und Ghana.

Als bei Red Bull Salzburg die Verträge von Stevens und Beiersdorfer im April 2011 einvernehmlich aufgelöst worden waren, stieg Moniz zum Chefcoach auf und belegt mit dem Klub in dieser Saison nach neun Spielen den ersten Tabellenplatz. Nebenbei mit einem weiteren ehemaligen HSV-Profi an seiner Seite: Niko Kovac. Stevens wiederum stand bekanntlich kurz vor einem Wechsel zurück zum HSV, bevor er doch am Ende bei Schalke 04 seine Unterschrift setzte. Und nun verhandelt Frank Arnesen, Beiersdorfers Nachfolger beim HSV, mit Moniz über eine Rückholaktion an die Elbe.

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Bisher war öffentlich nur bekannt, dass der Däne Gespräche mit Marco van Basten und eben Stevens geführt hatte. Stets betonte die Klubführung um Carl-Edgar Jarchow aber, dass auch noch mit anderen Kandidaten gesprochen würde. Und Moniz passt nahezu perfekt in das vom HSV entworfene Fahndungsraster: Der in Haarlem geborene Niederländer kennt den HSV, benötigt also keine Eingewöhnungsphase. Er spricht Deutsch, steht für attraktiven, technischen Fußball. Und vor allem: Er kennt Arnesen seit vielen Jahren bestens. Das (klitzekleine) Problem ist nur, dass Moniz noch bis Juni 2013 unter Vertrag steht und demnach eine Ablösezahlung fällig würde, sofern Salzburg überhaupt bereit wäre, seinen derzeit so erfolgreichen Trainer abzugeben.

Dass Arnesen trotz der angespannten Finanzlage akzeptieren würde, eine Transferentschädigung für einen neuen Trainer zu leisten, hat er gerade bestätigt. Und mit Moniz würde er sich einen Mann seines Vertrauens zum HSV holen. Als Sportdirektor beim PSV Eindhoven (1994-2005) holte Arnesen Moniz zum ersten Mal und ließ ihn die U-19-Auswahl trainieren. Nach seinem Wechsel zu Tottenham Hotspurs 2004 folgte ihm Moniz 2005 als Techniktrainer. Als dieser bei Tottenham anfing, war Arnesen jedoch schon von Chelsea London verpflichtet worden. Zu gerne hätte er Moniz auch zum Abramowitsch-Klub geholt, doch damals machte Martin Jol das Rennen, der ihn 2008 mit zum HSV nach Hamburg nahm.

Moniz selbst gab sich auf einer Pressekonferenz am Freitag zurückhaltend, dementierte die Kontakte aber nicht. "Ich kann im Moment keine Antwort darauf geben, da gibt’s keine Verhandlungen", behauptete er zunächst, ließ sich auf Nachfrage nach einem Angebot aber entlocken: "Vielleicht ist es ja schon passiert." Laut des österreichischen Sportportals "laola1.tv" sollen die Salzburger Bullen mit jenem Ex-HSver Kovac bereits einen potenziellen Nachfolger für Moniz in der Hinterhand haben.

Dass Moniz Qualitäten hat, einen Negativlauf zu stoppen, bewies er 2010. Nach dem Aus im Halbfinale der Europa League gegen den FC Fulham schaffte es der 47-Jährige, das Team neu zu motivieren. Trotz des 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg und dem 1:1 bei Werder Bremen verpasste der HSV zwar damals noch die Qualifikation für den Europacup, aber die Spieler fanden nur lobende Worte: "Er hat super Arbeit geleistet, ich könnte ihn mir gut als Cheftrainer vorstellen. Ich glaube, dass auch andere Spieler so denken", sagte damals Mladen Petric und beschrieb ihn als Kumpeltyp mit Autorität, der als Leitmotiv stets betont, Dienstleister für die Mannschaft zu sein: "Ein Trainer ist nicht so wichtig, aber er muss die Spieler noch wichtiger machen."

Moniz ist ein begeisterter Anhänger der sogenannten "Coerver-Methode", benannt nach dem niederländischen Trainer Will Coerver. Ein Schwerpunkt des Trainings ist die perfekte Ballbehandlung. Die Methode wird unter anderem auch bei Manchester United eingesetzt. Was ein mögliches Engagement beim HSV betrifft, so wollte sich der frühere Mittelfeldspieler (unter anderem Eindhoven, Waalwijk) gegenüber dem Abendblatt nicht konkret äußern: "Dazu kann ich derzeit nichts sagen." Seine ganze Konzentration ging in Richtung des Europa-League-Spiels gegen Slovan Bratislava, das seine Mannschaft gestern Abend mit 3:0 gewann.

Auf die bestmögliche Pointe in dieser ganzen Geschichte muss an dieser Stelle allerdings verzichtet werden. Dass Stevens mit seinem neuen Arbeitgeber Schalke am Sonntag (17.30 Uhr) auf seinen Fast-Verein HSV trifft und dieser von seinem Nachfolger in Salzburg trainiert wird, kann ausgeschlossen werden. Rodolfo Cardoso wird wie schon in Stuttgart auf der Trainerbank sitzen und darf seine Premiere in der heimischen Arena feiern. Der Argentinier machte deutlich, dass er hofft, noch möglichst lange die Verantwortung während des Übergangs tragen zu dürfen: "Das ist aber sicher auch abhängig vom Ergebnis." Ob die Deutsche Fußballliga dem HSV eine Ausnahmeregelung erteilt, damit Cardoso länger als die üblichen 15 Tage als Interimscoach bleiben kann, ist noch offen. Zur Not könnte aber auch Frank Arnesen, der anders als Cardoso die Trainerlizenz besitzt, als Chef einspringen, sollte er noch weitere Zeit benötigen, eine Einigung mit dem künftigen Trainer herbeizuführen. Aber so ganz genau ist dies alles in diesem kuriosen Fußballgeschäft nicht vorherzusagen. Wer weiß, vielleicht zieht ja kommende Woche plötzlich auch Beiersdorfer eine Fußballlehrerlizenz aus dem Hut ...