FC St. Pauli und HSV trennen sich im Derby 1:1. Der eingewechselte Asamoah bereitete das 1:0 vor. Petric schoss den Ausgleich.

Hamburg. Es war 17.04 Uhr, als das Derby doch noch einmal Fahrt aufnahm. Trainer Holger Stanislawski beorderte unter dem Jubel der Heimfans im mit 24 360 Zuschauern ausverkauften Millerntor-Stadion Gerald Asamoah an die Seitenlinie und wechselte den vom FC Schalke 04 verpflichteten und von einer Sehnenverletzung genesenen Neuzugang kurz darauf für Rouwen Hennings ein. Kaum auf dem Platz, setzte der 43-malige deutsche Nationalspieler ein Zeichen, indem er sich mit HSV-Heißkiste David Jarolim anlegte und so dafür sorgte, dass die ob des ereignisarmen Spiels abhandengekommene Derbyatmosphäre auch auf den Rängen zurückkehrte. "Ich hatte mir das nicht vorgenommen, aber es hatte an der Stelle einfach gepasst", sagte Asamoah später. "Derby ist Kratzen und Beißen. Aber entscheidend ist, dass du dir danach wieder die Hand gibst."

Während sich die Rothosen erst noch mit den veränderten Umgangsformen im insgesamt fairen Duell anfreunden mussten, ging St. Pauli in die Offensive, und knapp zwei Minuten später war Asamoah dann maßgeblich daran beteiligt, dass die Fans des Kiezklubs für einen Moment ihr Glück kaum fassen konnten. Nach einem schönen Doppelpass mit Rechtsverteidiger Carsten Rothenbach bediente der 31-Jährige den dienstältesten St. Paulianer Fabian Boll, und der versenkte den Ball links unten zur Führung (77.).

"Lokaltermin": Das Derby in Kneipen und der Arena

Hamburg stand kopf. Und zwar nicht für den HSV, wie es deren Fans in ihrer Choreografie vor der Partie dargestellt hatten, sondern wegen des vermeintlichen Underdogs, der nach langer Abstinenz im ersten Bundesliga-Derby seit über acht Jahren plötzlich den Triumph vor Augen hatte.

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Dass es am Ende nicht für den überhaupt erst zweiten Sieg der Braun-Weißen in Deutschlands Eliteklasse gegen den HSV reichte, war maßgeblich das Werk eines weiteren eingewechselten Spielers: Mladen Petric. Der Kroate verhinderte vor den Augen des Ersten Bürgermeisters Christoph Ahlhaus mit seinem Treffer zum 1:1 eine Pleite, die sich das Team von Trainer Armin Veh selbst hätte zuschreiben müssen. Für eine Mannschaft, die sich für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren will und muss, zeigte der HSV vor allem in der Offensive viel zu wenig. In der Defensive stand der HSV dagegen trotz des Ausfalls Guy Demels, dessen Frau in der Nacht vor dem Derby wegen einer Handverletzung ins Krankenhaus musste, sicher. Für den übermüdeten Ivorer, der auf der Bank Platz nahm, sprang Tomas Rincon ein. Am Ende standen zwar auch vorn mit zehn Torschüssen drei mehr als beim ebenfalls unter seinen Möglichkeiten gebliebenen FC St. Pauli zu Buche, gefährliche Aktionen waren aber kaum darunter.

Knapp 20 Minuten Spannung von der Einwechslung Asamoahs bis zum Ende der von Schiedsrichter Florian Meyer gewährten zwei Minuten Nachspielzeit waren letztlich ein reichlich kurzer Höhepunkt nach einem langen Vorspiel rund um das herbeigesehnte Derby. "Von dem Spiel muss man enttäuscht sein. Fußballerisch war das zu wenig", meinte HSV-Torhüter Frank Rost. "Aber schon vor dem Spiel war mir das alles zu friedlich. Das war fast Ringelpiez mit Anfassen. Hätte nur noch gefehlt, dass wir uns alle ein rosa Röckchen anziehen."

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Passenderweise war auch das übelste Foul der Partie, als St. Paulis Linksverteidiger Bastian Oczipka Jarolim niederstreckte, eher unbeabsichtigt - hatte aber Folgen. Jarolim fasste sich noch in der Mixedzone immer wieder an den linken Oberschenkel. Wegen einer kleinen Risswunde blieb er in Hamburg, statt wie geplant über Nacht zu seiner Freundin und seinem gerade geborenen Baby nach Prag zu fahren. "Die Pfiffe und die zahlreichen Fouls haben mich noch zusätzlich motiviert", meinte der Tscheche, der nach seiner Behandlungspause zum Buhmann für St. Paulis Fans geworden war.

Diese hatten ihre ungeliebten Gäste in der "Hölle von St. Pauli" willkommen geheißen und mit einem eindrucksvollen Konfetti-Regen zunächst für ein schönes Ambiente gesorgt. So richtig Feuer unterm Dach war außer in der Schlussphase danach allerdings nur noch, als einige HSV-Anhänger in ihrem Block zündelten. Zumindest was das Geschehen im Stadion angeht, dürfte das 130. Derby also eher über kurz als lang aus den Erinnerungen weichen.

Die Statistik

St. Pauli: 26 Kessler - 24 Rothenbach, 5 Zambrano, 16 Thorandt, 6 Oczipka - 20 Lehmann, 17 Boll - 8 Bruns (ab 67. Bartels), 7 Hennings (ab 73. Asamoah), 23 Naki (ab 84. Kruse) - 9 Ebbers. - Trainer: Stanislawski

Hamburg: 1 Rost - 25 Rincon, 4 Westermann, 5 Mathijsen, 7 Jansen - 14 Jarolim (ab 79. Trochowski), 8 Ze Roberto - 21 Pitroipa, 9 Guerrero (ab 62. Petric), 11 Elia (ab 79. Choupo-Moting) - 22 van Nistelrooy. - Trainer: Veh

Schiedsrichter : Florian Meyer (Burgdorf)

Zuschauer : 23.794 (ausverkauft)

Tore : 1:0 Boll (77.) , 1:1 Petric (88.)