In unserer Serie stellen wir Unternehmen in Stormarn vor. Heute: Lindab in Bargteheide.

Greifen Sie zu!" Die Bonbons sehen in der Tat verlockend aus. "Nehmen Sie ruhig noch einen", sagt Carsten Frehse, der hinter dem Empfangstresen hervorschaut. "50" steht in blauer Schrift auf dem weißen Bonbonpapier. Darunter: "Lindab 1959-2009". Damit ist die "Mutter" gemeint, die schwedische Lindab AB. Die Bargteheider Tochter ist jünger. 1978 wurde Lindab Deutschland gegründet und der Firmensitz im Gewerbegebiet Langenhorst eröffnet. 30. Geburtstag hatten die Bargteheider also auch schon.

Die Eingangshalle ist hoch und lichtdurchflutet. Eine Wendeltreppe führt auf eine offene Galerie und von da zur Chefetage. Dass sich die Wendeltreppe um ein Lüftungsrohr schlängelt, ist Ehrensache. Immerhin verlassen circa 100 000 davon jedes Jahr das Bargteheider Werk. Das kleinste Rohr hat gerade einmal einen Durchmesser von 6,3 Zentimetern, die größten bringen es auf zwei Meter. Vor der Wendeltreppe ein Brunnen, vor dem Brunnen eine Grünpflanze. Hier ist also die deutsche Zentrale der Profis für gutes Raumklima.

Mit der Spezialtechnik, die aus Bargteheide in alle Teile Deutschlands geliefert wird, hat das gute Firmenklima allerdings nichts zu tun. Zumal die Klimaanlage gar nicht angestellt ist, wie der Chef charmant gesteht. Stefan Klocke ist seit knapp einem Jahr Geschäftsführer der Lindab GmbH Deutschland, die in Bargteheide Lüftungs- und Klimaanlagen konzipiert und die Rohre dafür produziert. 800 000 Tonnen Edelstahl, zu drei und sechs Meter langen Rohrstücken gedreht, verlassen jedes Jahr den Betrieb an der Carl-Benz-Weg.

Der Weg in die Produktionshalle führt durch das Hochregallager. Aus einem kleinen, blauen Karton holt Stefan Klocke ein Rohrverbindungsstück. Der Clou ist die Gummilippe, die höchste Dichtigkeit gewährleistet. Klocke: "Damit hat Lindab in Europa Standards gesetzt. Wenn alle Klimaanlagen so dicht wären, wäre der Energieverlust so reduziert, dass man rechnerisch auf zwei Kraftwerke verzichten könnte."

In der Werkhalle steht Ingo Buschmann an der Spiro-Maschine. Sie wickelt 20 Zentimeter breites Edelstahl-Spaltband von der Rolle ab und zu Wickelfalzrohren wieder auf. "Das geht automatisch. Eine halbe Minute. Dann ist das fertig." Ungefähr 400 Lüftungsrohre hat er heute schon geschafft.

Einer der größten Aufträge für Lindab kam von BMW für das neue Werk in Leipzig. Einen spannenden Auftrag erledigten die Bargteheider für das Deutsche Elektronen Synchrotron (DESY) in Hamburg. Die Forscher brauchten eine verlässliche Klimaanlage für den neuen Beschleuniger. Klocke: "Da laufen so viele PCs und Laptops, dass die Luft stark erwärmt wird."

Seit acht Jahren ist Klocke im Unternehmen. Vorher war er Vertriebsleiter. Den Sprung aus der Belegschaft in die Chefetage hat ihm sein Vorgänger Frank Ankersen ermöglicht, der in die Konzernspitze nach Dänemark gewechselt ist. "Mir war schon klar, was das bedeutet. Aber die Kollegen tragen die Entscheidung mit", sagt der 45-Jährige.

Was ist er denn für ein Chef geworden? Der Mann mit der jungenhaften Ausstrahlung zögert. "Ich glaube, man kann mit mir reden", sagt er, "oder, Marjaana?"

Die Tür ist offen, wie alle Türen bei Lindab, Marjaana kommt rein. "Auf jeden Fall. Wir haben hier unseren Spaß", sagt die Sekretärin und erzählt vom Adventsausflug der Belegschaft nach Lübeck. Marjaana stammt aus Finnland und heißt mit Nachnamen Kubald. Aber das interessiert niemanden. "Wir duzen uns alle. Das ist ein Stück unserer Unternehmensphilosophie", sagt Stefan Klocke. "Neulich wollte jemand Frau Schell sprechen. Ich musste ernsthaft überlegen. Ach so. Klar. Er meinte Lena." Lena Schell ist Bürokauffrau und arbeitet für den Verkaufs-Innendienst. Seit wann? "Jörg, das musst Du doch wissen. Du hast mich doch damals eingestellt", sagt die 44-Jährige. Und Jörg weiß es auch. "Das war 1990", sagt Jörg Krimilowski (47). Er weiß es deswegen so genau, weil er kurz zuvor den Verkaufs-Innendienst verlassen hatte und seitdem als Betriebsleiter die rechte Hand vom Chef ist.

Reinhold von Glahn (53) kam 1989 ins Team. "Ich bin Binnenschiffer", sagt der Ammersbeker, der für die Bundeswehr übers Wasser schipperte und 1980 als Obermaat seinen Abschied nahm. Nun ist der Binnenschiffer Lagerist.

Der freundliche Umgangston ist Import-Artikel aus den skandinavischen Mutterfirmen. "Dort geht es locker zu. Selbst der Konzernchef wird geduzt", sagt Stefan Klocke. Vibeke Dige kennt das aus ihrer dänischen Heimat. Sie kommt aus Haderslev und hat dort bei Lindab AS Buchhalterin gelernt. Dann ging ihr Mann beruflich nach Ahrensburg. Sie fand eine Stelle bei Lindab in Bargteheide. "Lindab ist eben mein Leben", sagt die 49-jährige und macht große Augen, als hörte sie sich selbst zu. Zuviel Pathos, beschließt sie und lacht.

Der Mann im Empfang ist noch da. Immer noch munter. "Ich arbeite zu 50 Prozent für Lindab und zu 50 Prozent für die Kunden", sagt er. Klingt wie ein Werbespruch, wirkt aber echt. Der Mann ist Maurer, Bautechniker und staatlich geprüfter Wirtschaftsassistent. Carsten Frehse könnte längst woanders arbeiten. Aber er bleibt gern. Das Lindab-Klima gefällt ihm einfach gut. Und der Skandinavien-Gute-Laune-Virus ist regelrecht ansteckend. Beinahe möchte man ihm im Gehen zurufen: "Tschüs Carsten, vielen Dank für die Bonbons".

In der nächsten Folge der Serie "Meine Firma" stellen wir am kommenden Donnerstag Grossmann Feinkost in Reinbek vor.