In unserer Serie stellen wir Unternehmen in Stormarn vor. Alexander Sulanke und Birgit Schücking haben sich im Oldesloer Grand City umgesehen.

Bad Oldesloe. Er schwärmte von Chic und Lifestyle, da es noch gar nichts zu schwärmen gab. Er nahm das Wort Glanz in den Mund, während der einzige weit und breit der in seinen Augen war. Er skizzierte wortreich ein Märchenschloss und stand doch in einer Ruine. Aber Dirk Schörner sollte recht behalten, als er an einem kalten Morgen im Januar dieses Jahres in den höchsten Tönen über die Zukunft des "Grand City Hotels Bad Oldesloe" sprach. Über die Zukunft eines Hotels, das es noch gar nicht gab.

Acht Monate sind seitdem vergangen, fünf seit der Eröffnung des Hotels. "Und sehen Sie", sagt Direktor Schörner, "das ist aus dem Scherbenhaufen geworden." Klingt stolz. Der 43-Jährige ist stolz. Mit seiner mittlerweile 32-köpfigen Mannschaft hat er aus einer schicksalhaft problembeladenen Immobilie im Oldesloer Südwesten eine ansehnliche Herberge gemacht.

Ein roter Teppich führt von der Eingangstür über polierten Granitboden direkt zur Rezeption. Hinter dem Tresen steht Corinna van Koten (31), die Empfangschefin, und schenkt Besuchern ein bezauberndes Lächeln. Und auch ihre Stimme ist erfüllt von einem schwärmerischen Unterton. "Mitzubekommen, wie das ganze Haus entsteht, wächst, wie sich die Einrichtung Stück für Stück zusammenfügt, wie sich langsam der Stil entwickelt, und dabei noch eigene Ideen einzubringen - das ist wirklich etwas ganz Besonderes", sagt sie. So besonders, dass sie dafür ihre Anstellung bei einem großen Ahrensburger Hotel aufgegeben hat. "Hier haben alle einen ganz anderen Bezug zu ihrer Arbeitsstätte als anderswo", sagt van Koten. Sie nennt es das "Mein-Baby-Gefühl".

Der Chef sieht das genauso. "Das ist das Enorme: Du bist von Anfang an dabei, du hast das Ganze rausgeputzt, hast ihm ein Gesicht geben können", sagt Schörner. Der gebürtige Schwarzwälder hat sein Handwerk im Frankfurter Kempinski-Hotel Gravenbruch, im Breidenbacher Hof in Düsseldorf und im Londoner Savoy gelernt. Er ist auf dem Kreuzfahrtschiff "Aida Aura" als Direktor durch Südamerika gefahren, und er hat verschiedene Kettenhotels im Norden geleitet. Aber eine Neueröffnung, das ist auch für ihn Neuland gewesen.

Dirk Schörner kann sich noch gut an seine ersten Tage in Bad Oldesloe erinnern, die einer Zeitreise gleichkamen. Möbel und Teppichboden im Restaurant waren in Türkistönen gehalten, in der Lobby standen zwei Telefonzellen, in den wenigen noch vollständig eingerichteten Einzelzimmern hingen Preislisten in D-Mark, "Stand 1. Januar 1994". Als Direktor Schörner erstmals seinen Fuß über die Türschwelle setzte, war der letzte Gast zwölf Jahre zuvor abgereist.

Die Geschichte des Hauses, das in den 90er-Jahren für einen kurzen Augenblick schon einmal ein Hotel war, kennt der neue Direktor Schörner nur aus Erzählungen und aus alten Zeitungsartikeln. 1993 gebaut, Anfang 1994 eröffnet, meldet der damalige Eigentümer des "Hotel Intermar" Ende 1996 Konkurs an. Als am 1. Januar 1997 die Eingangstür geschlossen bleibt, ahnt niemand in Bad Oldesloe, dass dieser Zustand länger als ein Jahrzehnt andauern soll. Doch die zügige Zwangsversteigerung des Komplexes scheitert mehrmals am Veto der Gläubigerbank, der kein Interessent so recht zusagen will. Die Politiker diskutieren jahrelang über verschiedene neue Nutzungskonzepte, zuletzt ist ein Thermalbad im Gespräch. Währenddessen kommen ein ums andere Mal Einbrecher ins Haus, treten Türen aus den Rahmen, schmeißen Fenster ein, feiern wilde Partys, stehlen schließlich sogar die Heizungsanlage. Im Sommer 2007 kommt dann die überraschende Wende, als ein junger Israeli vor dem Amtsgericht Bad Oldesloe den Zuschlag für das Haus erhält. Er handelt im Namen der Berliner Firma "Grand City Hotels & Resorts".

Dirk Schörner führt durchs Haus. Die Spuren der Einbrecher sind verschwunden, der nach heutigem Geschmacksempfinden misslungene Einrichtungsstil in der Handschrift der 90er-Jahre auch. An den Wänden fallen plakatgroße Fotoabzüge auf Leinwand auf, sie zeigen Blütenmotive in Makro-Optik. In der Lobby steht eine schlichte Ledergarnitur, im Restaurant ist das Türkis einer Optik in Schwarz-Weiß gewichen. Alles wirkt kühl und elegant, aber einladend.

Vom Restaurant geht's in die Küche. Hendrik Sönnecken (21) wäscht Salatblätter - Zutaten für die "Blattsalate mit Scampi-Spießen in Tanduri-Masala-Marinade". Sein Lieblingsgericht. Der Koch aus Lübeck führt momentan in der Küche Regie. Er hat auch dort alles neu aufgebaut, die Speisekarte inbegriffen. "Das hat sehr viel Spaß gemacht", sagt er, "hier war ja gar nichts."

Und was da war, funktionierte nicht. Im Keller, im Wellnessbereich neben dem sprudelnden Whirlpool, trifft Hoteldirektor Dirk Schörner auf Rolf Weetendorf (49). Der Mann hat immer einen Schraubendreher in der Hand, selbst wenn es gerade gar nichts zu reparieren gibt. Weetendorf ist der Hausmeister. Bei Behrens in Ahrensburg entlassen, hat der Schlosser aus Bad Oldesloe hier seinen Traumjob gefunden. "Voller Einsatz ist jetzt gefragt", sagt er, "wenn man etwas mit aufbaut, dann muss man flexibel sein." Auch, was die Arbeitszeiten betrifft.

Dirk Schörner und seine Empfangschefin werfen einen Blick in den Computer. Sie sind zufrieden. Die Buchungen für 2010 sähen schon sehr ordentlich aus, sagen sie. Und auch der Dezember könne sich sehen lassen. Advent zwischen den Hansestädten, das gefalle Touristen.

Dirk Schörner strahlt fast immer, auch zum Abschied. Und es ist inzwischen schwer zu sagen, was stärker glänzt: seine Augen oder das Hotel.

In der nächsten Folge unserer Serie am kommenden Donnerstag stellen wir die Firma Kellers Kaminhof in Oststeinbek vor.