Um Mitternacht gehen in den Backstuben der Braaker Mühle die Lichter an. Die Bäcker beginnen mit ihrer Arbeit. Der Chef Joachim Lessau beginnt allerdings "erst" um vier Uhr. Er wohnt mit seiner Familie nur ein paar Meter von der Backstube entfernt. Seit 150 Jahren und mittlerweile in der fünften Generation existiert die Bäckerei jetzt schon. Zum Jubiläum im Sommer schaute sogar der Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen vorbei und gratulierte Joachim und Maren Lessau zum runden Geburtstag ihres Familien-Unternehmens. "Das war auch für uns etwas besonderes", sagt der Geschäftsführer.

In dem Betrieb verdienen sich mittlerweile 180 Mitarbeiter ihre Brötchen. Allein mehr als 40 von ihnen arbeiten in der Bäckerei und Konditorei rund um die historische Braaker Mühle. Im Büro ist sogar eine Deutsche Meisterin in Lohn und Brot. Bäckergesellin Franziska Ickert wurde 2008 beste deutsche Jugendbäckerin und in diesem Jahr vierte bei den internationalen Bäckermeisterschaften in Österreich. Mittlerweile studiert sie Betriebswirtschaftslehre und arbeitet im Büro über der Backstube mit. Wenn aber mal Not am Mann ist, streift sie die weiße Kluft über und hilft mit. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit kommt das schon mal häufiger vor. Alles kein Problem.

Schwierig wird es dagegen bei der Organisation von Betriebsfesten. "Die Bäcker müssen schon nachts wieder in die Backstube, und tagsüber können die Verkäufer nicht weg", sagt Lessau. In diesem Jahr eignete sich der 2. Oktober. Fast alle kamen und feierten gemeinsam auf einem Elbdampfer. Begonnen hat die Ära der Lessau-Bäckerei 1859. Damals kaufte der Ururgroßvater Joachim Lessaus die Mühle für 9375 Reichstaler. Inzwischen kümmert sich ein Förderverein um den Erhalt des historischen Bauwerks, das auch heute noch in Betrieb ist.

Der Chef Joachim Lessau sagt: "Unser Vollkorngetreide wird ausschließlich in der Windmühle gemahlen." Roggen und Dinkel - insgesamt 140 Tonnen - werden Jahr für Jahr gemahlen. Bio-zertifiziert. Früher konnte nur gemahlen werden, wenn der Wind blies. Das ist heute natürlich nicht mehr der Fall. Das Mahlwerk kann auch elektrisch betrieben werden. Das ist auch notwendig. Denn mittlerweile verlassen täglich 32 000 Brötchen und 2000 Brote die Bäckerei. Hinzu kommen 4500 Kuchenstücke aus der Konditorei. 18 Filialen warten jeden Tag darauf, von den Fahrern mit Ware beliefert zu werden. Verkaufswagen stehen auf zwölf Wochenmärkten in der Region, unter anderem in Ahrensburg, Großhansdorf, Schmalenbeck und Trittau. Der Chef hält nicht viel davon, die Ware über weite Strecken zu transportieren. Die am weitesten entfernte Filiale ist in Hamburg-Langenhorn. "Wir sind die Bäckerei der kurzen Wege", sagt seine Ehefrau Maren Lessau. Sie gehört übrigens nicht zu den Frühaufstehern, sondern fängt meist erst gegen 8 Uhr an und kümmert sich um die Ausstattung der Backshops. Sie richtet die Läden ein, damit sie sich von denen anderer Betriebe unterscheiden. Denn in Zeiten, in denen auch Discounter selbst backen, ist es notwendig geworden, sich nicht nur durch Qualität der Waren, sondern auch durch besonderes Ambiente abzuheben. "Von der Wirtschaftskrise sind wir nicht betroffen", sagt Joachim Lessau, der sich besonders darüber freut, dass beide Söhne planen, in seine Fußstapfen zu treten. Auf sein Team sei immer Verlass: "Wir können sogar mal dreieinhalb Wochen in den Urlaub fahren - das klappt."

Und Silvester? Vor der Jahreswende sind alle damit beschäftigt, Berliner herzustellen. Das ist in jeder Bäckerei so. Die eigenen schmecken dem Chef noch immer am besten. Lange feiern wird er trotzdem nicht. "In der Silvesternacht schlafe ich meist schon um eins ein."