Archäologen entdecken in einer Höhle in Israel 400 000 Jahre alte menschliche Zähne

Tel Aviv. Ein Höhlenfund versetzt Archäologen derzeit in helle Aufregung. Wissenschaftler um Avi Gopher und Ran Barkai von der Tel Aviv University entdeckten bei Ausgrabungen im Landesinnern Israels acht gut erhaltene menschliche Zähne.

Die Fundstücke lagen in der von Gopher und seinen Kollegen seit 2001 untersuchten Höhle Qesem in einem Kalksteinberg, etwa zehn Kilometer östlich von Tel Aviv. Die 400 000 Jahre alten Zähne könnten möglicherweise die bisher ältesten Hinweise auf die Existenz des Homo sapiens weltweit sein, wie die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "American Journal of Physical Anthropology" veröffentlichten Studie zeigen.

Der bisher älteste und unbestritten dem Homo sapiens zugeordnete Fund ist nur rund 160 000 Jahre alt und wurde in Äthiopien gefunden. Auf ihm basiert die derzeit anerkannte wissenschaftliche Theorie, dass der moderne Mensch seinen Ursprung in Afrika hatte und vor etwa 80 000 Jahren auch auf die anderen Kontinente auswanderte.

Der Theorie nach haben Neandertaler und Homo sapiens einen gemeinsamen Vorfahren, der vor etwa 700 000 Jahren in Afrika lebte. Während später eine Gruppe nach Europa wanderte und sich dort zu Neandertalern entwickelte, blieb die andere in Afrika und entwickelte sich zum Homo sapiens.

Der Zahnfund könnte nun die Erkenntnisse zum Ursprung der Menschheit revolutionieren. "Es ist sehr aufregend, zu diesem Schluss zu kommen", sagt Gopher. Es könnte bedeuten, dass die Vorfahren des modernen Menschen nicht aus Afrika stammen, sondern eher aus dem Gebiet um Israel stammen und sich von dort aus verbreiteten.

Die Wissenschaftler analysierten die sechs bleibenden und zwei kleineren Milchzähne mithilfe von Computertomografie und Röntgenstrahlen. Sie fanden heraus, dass sowohl die Größe als auch die Form der Zähne sehr denen des Homo sapiens ähnelten. Bei keinem der Zähne fanden sie starke Ähnlichkeiten mit den Zähnen von Neandertalern. Auch andere Gebrauchsgegenstände an der Fundstelle sprechen dafür, dass in der Höhle Menschen gelebt haben - so etwa charakteristisch geschnitzte Tierknochen und Feuersteine. Das Alter der Zähne ermittelten die Forscher über die Erdschicht, in denen die Funde lagen.

Sir Paul Mellars, ein Experte für Prähistorie an der Cambridge University in Oxford, hält den Fund für bedeutend. Dennoch warnt er davor, voreilig einen Bezug der Zähne zum Homo sapiens herzustellen. Er hält es für wahrscheinlicher, dass die Überreste den Neandertalern zuzuordnen sind. Zähne seien oft ein unzuverlässiger Indikator für den Ursprung von Funden.

Erst Analysen von Schädelfunden würden eindeutigere Möglichkeiten bieten. Gopher ist zuversichtlich, dass sein Team bei den weiteren Untersuchungen in der Höhle Qesem auch Schädel und Knochen finden wird.