Schloß Gottorf: Eine Ausstellung zeigt, wie sich die Menschen seit 6000 Jahren mit dem Leben, dem Tod und der Frage, was danach kommt, auseinandergesetzt haben.

Nachdenklich blickt der heilige Hieronymus den Betrachter an und verweist mit dem Zeigefinger der linken Hand auf einen Totenschädel. Sieh her, so wirst auch du enden, scheint er uns sagen zu wollen - ein Memento Mori. Auf dem noch vor 1521 entstandenen Gemälde des Niederländers Joos van Cleve, das das Entree der Gottorfer Ausstellung bildet, finden sich weitere Hinweise auf das unausweichliche Ende allen menschlichen Seins: nicht nur das kleine Kruzifix, sondern auch die verloschene Kerze mit ihrem noch glimmenden Docht und das an der Wand angebrachte Schriftband mit den Worten - "RESPICE FINEM" (Bedenke das Ende). Die Todesfurcht mitten im Leben, das Memento Mori, bildet mit dieser und weiteren Darstellungen den Auftakt der Ausstellung "Wege ins Jenseits: Mit Walküren zu Odin, mit Engeln zu Gott", der ersten gemeinsamen Sonderschau des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte und des Archäologischen Landesmuseums.

"Alles, was hier zu sehen ist, stammt aus den beiden Landesmuseen sowie aus dem Volkskundlichen Museum und dem Wikinger Museum Haithabu. Mit teilweise spektakulären Originalobjekten, von denen einige - wie die 3000 Jahre alten Bronzeobjekte aus Lietholt oder der eisenzeitliche Goldschmuck aus Sörup - überhaupt zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden, stellen wir dar, wie sich die Menschheit von der Steinzeit bis zur Gegenwart mit der eigenen Endlichkeit auseinandergesetzt hat", sagt der Koordinator der Ausstellung Dr. Carsten Fleischhauer.

Einer der Schwerpunkte ist dem Tod und Abschied gewidmet. Das Skelett der Moorleiche des Kindes von Windeby - einem der berühmtesten Objekte des Archäologischen Landesmuseums - geben zu erkennen, das dieses Kind wahrscheinlich im Alter von 13 bis 14 Jahren an Hunger und einer Infektion gestorben ist - eine der häufigsten Todesursachen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Der gewaltsame Tod wird den Besuchern mit einem Schädel vor Augen geführt, der hinten zertrümmert ist. Er wurde erst kürzlich in einem Massengrab auf dem Schlachtfeld von Hemmingstedt gefunden, wo am 17. Februar 1500 Dithmarscher Bauern ein Ritterheer besiegten. Ob es ein Bauer oder ein Ritter war, läßt sich nicht sagen. Der Tod macht alle gleich.

Oder etwa nicht? Frühzeitliche Grabbeigaben - wie Transportmittel, angemessene Kleidung oder wertvoller Schmuck - lassen erkennen, daß Fürsten damit rechneten, auch im Jenseits fürstlich leben zu können. Erst das Christentum verhieß den Gläubigen ein Paradies, in dem alle Standesunterschiede aufgehoben sein werden. Doch beim irdischen Abschied spielte die soziale Stellung noch einmal eine große Rolle. Das zeigt eindrucksvoll der 17 Meter lange Leichenkondukt für Kurfürst Christian II. von Sachsen, ein figurenreiches Aquarell, das seit 40 Jahren erstmals wieder zu sehen ist.

Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf, 24837 Schleswig, bis 30. Oktober, tgl. 10-18 Uhr, Katalog 24,80 Euro .