Einzelhandel: So erlebt Azubi Melanie ihren Berufsalltag. Kunden in Modefragen zu beraten, bringt der jungen Frau großen Spaß.

Sie steht zwischen Ständern mit Sommerkleidern, bunten Hüten, kurzen Hosen und heruntergesetzten Pullovern. Zwischen Kartons mit neuer Ware, die ausgepackt werden muß, und Kunden, die beraten werden wollen. Von ihr. "Ich stehe mitten im Leben", sagt Melanie Borek-Hostede (16). "Endlich", fügt sie hinzu.

Vor einem Jahr hat die gebürtige Hamburgerin, deren Eltern aus Polen kommen, ihren Hauptschulabschluß an der Schule Richard-Linde-Weg gemacht. Seitdem wird sie in der Filiale von C&A im Billstedt-Center zur Einzelhandelskauffrau ausgebildet. Und fühlt sich absolut richtig an ihrem neuen Platz. "Ich wollte schon immer viel lieber arbeiten als zur Schule gehen", sagt Melanie, während sie für eine Kundin ein T-Shirt heraussucht.

Daß sie direkt nach der Schule den Schritt in Richtung Traumberuf gehen konnte, hat Melanie allerdings auch ihrer ehemaligen Klassenlehrerin zu verdanken. Sie hatte den Einfall, das Schulpraktikum bei der Modekette zu machen und vermittelte Melanie die Stelle. "Zuerst dachte ich, daß ich viel zu schüchtern für den Kontakt mit Kunden bin", sagt die blonde junge Frau. "Doch nach ein paar Tagen bin ich einfach auf sie zugegangen und habe mit der Beratung begonnen - das bringt mir jetzt noch den größten Spaß."

Das wirkte sich auch auf ihre schulische Leistung aus. Melanie trat im Unterricht selbstbewußter auf, ihre Noten verbesserten sich. Den Abschluß schaffte sie sogar mit einer 1,7. Motiviert davon, schrieb sie ihre Bewerbung, machte den Einstellungstest, absolvierte noch zwei Probe-Tage - und hatte Erfolg.

Mittlerweile hat die Auszubildende das Sortiment studiert wie damals ihre Schulbücher. Sie kennt den Unterschied zwischen Kurz- und Langgrößen, weiß, daß Mützen, die neben Hosen hängen, sich nicht so gut verkaufen, und findet für die kritische Frau das passende Ausgeh-Outfit. Wenn sie etwas nicht weiß, fragt sie einfach. "Meine Kolleginnen nehmen sich viel Zeit für mich", sagt Melanie, die nach der Scheidung ihrer Eltern mit ihrer 18jährigen Schwester bei der Mutter lebt. "So lerne ich alles richtig."

Lernen muß Melanie auch außerhalb der Filiale eine Menge - in der Berufsschule. In einem Jahr hat sie eine schriftliche Prüfung, die sie mindestens mit 2,0 bestehen muß, um das dritte Lehrjahr machen zu können. Im September sind bereits Zwischenprüfungen. "Davor habe ich die meiste Angst - aber ich werde es schaffen", sagt die ehrgeizige junge Frau, die nach Feierabend noch über ihren Büchern sitzt. Denn sie weiß: Wer mittendrin stehen will, muß sich reinknien.