Es ist der ganz besondere Moment. Das Papier in der Hand, Gedanken von Freiheit im Kopf, das Bedürfnis, die Freude laut herauszurufen. Mit diesem Gefühl stehen die 24 Hauptschulabsolventen in der Aula der Schule Osterbrook in Hamm. Es ist ihr letzter Schultag, die Zeugnisvergabe, der Start in ein neues Leben.

"Wir haben es geschafft!" Aus 24 Kehlen ist lauter Jubel zu hören. Jetzt fällt die gesamte Nervosität von ihnen ab, die Stimmung in der Aula, besetzt mit Eltern und Freunden der Abgänger, steigt. Ganz besonderen Grund zur Freude hat Ute Flügger, die Klassenlehrerin. Denn keiner ihrer Schützlinge ist "hängengeblieben". "Ihr könnt stolz auf euch sein", sagt die 50jährige in ihrer Rede, in der sie sich für jeden Schüler ein paar Sätze überlegt hat. Einige kennt sie schon seit der fünften Klasse, hat sie durch schlechte Noten begleitet, mit ihnen gelacht, sich ihre Probleme angehört, hat gesehen, wie sie erwachsen wurden. Als sie ihnen alles Gute für die Zukunft wünscht, kann sie ihre Tränen nur mit Mühe zurückhalten. Noch eine Rede der Schulleiterin Sabine Wolle, Dankesworte und Blumen für die Lehrer. Dann klirren die Sektgläser, im Hintergrund spielt die Schulband.

Doch so schön die Feier mit Eltern und Freunden auch ist - beim richtigen Abschied möchten die Schüler und ihre Lehrerin unter sich sein. Ein Restaurant an der Alsterdorfer Straße ist der nächste Anlaufpunkt, dort haben die Schüler Tische reserviert. Es gibt Hähnchennuggets mit Pommes und zur Feier des Tages für jeden einen Cocktail. Für Ute Flügger gibt es zudem ein Geschenk: Eine Tasse mit den Namen aller Schüler. Jetzt kann sie die Tränen nicht mehr halten. "Es steht auch ein Junge drauf, den wir vor zwei Jahren bei einem Unfall verloren haben", sagt sie gerührt. "Sie haben ihn nie vergessen."

Später am Abend. Die Stimmung ist ausgelassen und die Musik laut. Ein paar wagen sich auf die Tanzfläche, Hüften in langen Abendkleidern und Anzügen kreisen.

Erst weit nach Mitternacht naht der Abschied. 24 Schüler liegen sich in den Armen, jetzt müssen auch einige von ihnen schniefen. Feierstimmung mischt sich mit Abschiedsschmerz. Die meisten von ihnen werden auf weiterführende Schulen gehen, manche berufsfördernde Maßnahmen ergreifen, andere suchen noch eine Lehrstelle und ein paar ziehen erst einmal weiter auf die nächste Party. Jahrelang waren sie zusammen, jetzt trennen sich ihre Wege. Doch ein Nachtreffen ist schon in Planung.