Kommentar

Der neue Papst kommt aus Deutschland. Aber Benedikt XVI. ist kein deutscher Papst, sondern Oberhaupt der katholischen Kirche. Einer Kirche, die sich nicht vorrangig nach Nationen gegliedert sieht, sondern als universale Glaubensgemeinschaft versteht. Seine erste Messe als Papst hielt Joseph Ratzinger in Latein, der Sprache einer seit zwei Jahrtausenden global tätigen Organisation. In dieser Zeit hat die katholische Kirche allerhand Wandlungen durchlebt und auch Irrtümer zu verantworten.

Diese Dimensionen sind es, an denen allzu schnelle Kritik an der Wahl des Kardinalskollegiums zu messen ist. Nicht auf alles, was heute modern erscheint, muß die Kirche unmittelbar reagieren. Und viele Forderungen, die an den neuen Mann auf dem Stuhl Petri herangetragen werden, sind zudem seit knapp 500 Jahren in den reformierten Kirchen erfüllt. Gewiß leidet die katholische Kirche vor allem in Westeuropa wegen ihrer Haltung zu Homosexuellen, der innerkirchlichen Rolle der Frauen, in Fragen der Empfängnisverhütung und der Abtreibung an Mitgliederschwund und Nachwuchsmangel. Allerdings laufen auch den liberaleren Protestanten die Mitglieder davon.

Gerade die Konstanz und die Beharrlichkeit sind es, die die römische Konfession für viele Menschen in aller Welt so attraktiv macht, die mehr als einer Milliarde Gläubigen eine Heimat gibt. Der Begriff konservativ ist in manchen Kreisen zum Schimpfwort verkommen. Für den Vatikan ist er garadezu ein Markenzeichen. Er setzt sicheren Glauben gegen den Zweifel und gegen die Beliebigkeit in unserer Welt. Der katholische Glaube kann deshalb Halt bieten in unsicheren Zeiten und Orientierung geben in schwierigen persönlichen Lebenslagen. Er kann Trost spenden und Frieden stiften. Sein Angebot anzunehmen steht jedem frei, auch jedem Christenmenschen.