Wer vor der Geburt eines Kindes die Steuerklassen tauscht, kann unter Umständen mehr Elterngeld bekommen. Nach einem neuen Urteil ist das auch erlaubt.

Kassel. Eltern dürfen die Steuerklasse wechseln, wenn sie dadurch ein höheres Elterngeld bekommen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Az.: B 10 EG 3/08 R und B 10 EG 4/08 R). Die Richter gaben zwei Frauen aus Augsburg Recht, die vor der Geburt ihrer Kinder in eine niedrigere Steuerklasse gewechselt waren und so ihr Nettoeinkommen erhöht hatten. Das hatte der Freistaat Bayern nicht akzeptiert und einen Rechtsmissbrauch gesehen. Die obersten Sozialrichter Deutschlands gingen hingegen von einer „noch zulässigen Gestaltung“ aus und verurteilten Bayern zur Zahlung des höheren Elterngeldes.

Die beiden Frauen hatten wegen des höheren Einkommens ihrer Männer eine teure Steuerklasse, wechselten in der Schwangerschaft aber von der höchsten V und der zweithöchsten IV in Steuerklasse III. Dadurch stieg ihr Nettoeinkommen, und das Elterngeld wurde höher: in einem Fall um gut 200 Euro im Monat. Eine Mutter hatte in der ersten Verhandlung auch klar gesagt, dass sie mit ihrem Mann alles durchgerechnet habe. Dabei sei aufgefallen, dass mit dem Steuerklassenwechsel mehr Geld übrig bleibe.

„Das wäre eine Art Belohnung für die rechtsmissbräuchliche Gestaltung der Steuerklassen“, sagte der Anwalt Bayerns. Die Klassenwahl sei nur dazu da, bis zur Steuerabrechnung am Jahresende keine zu großen Fehlbeträge aufzubauen. „Es gibt leider viel Missbrauch beim Elterngeld: Da ist zum Beispiel eine Frau von einem Unternehmer, die jahrelang 400 Euro verdient, und plötzlich kurz vor der Geburt 6000. Es ist unsere Aufgabe, solche Rechtsmissbräuche zu verhindern.“ Das Elterngeld beträgt 67 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens, höchstens 1800 Euro.

Die Richter schlossen sich hingegen der Auffassung an, dass der Steuerklassenwechsel möglich ist. „Die Regelungen zum Elterngeld verbieten das nicht, auch nicht nach der Neufassung des Gesetzes“, sagte der Senatsvorsitzende. „Deshalb ist davon auszugehen, dass hier eine noch zulässige Gestaltung vorliegt."