Die Steuer-Debatte hält an. Jetzt fordert der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Wolfgang Böhmer eine Anhebung des Spitzensteuersatzes.

Berlin. Trotz des Machtworts von Bundeskanzlerin Angela Merkel werden in der CDU weiterhin Steuererhöhungen gefordert. Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Wolfgang Böhmer sprach sich am Wochenende für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes aus, um die ausufernde Neuverschuldung zu begrenzen. Merkel hatte zuvor eine Anhebung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes, wie sie der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger gefordert hatte, definitiv ausgeschlossen.

Die Vorstände von CDU und CSU wollten heute in Berlin zusammenkommen, um letzte Hand an das gemeinsame Wahlprogramm zu legen. Darin will die Union eine Steuerentlastung für die Bürger festschreiben. Die Schwesterparteien können sich allerdings bislang nicht darauf einigen, ob dafür ein fester Zeitpunkt genannt werden soll.

Merkel sagte in der „Bild am Sonntag“: „Mit mir wird es in der nächsten Legislaturperiode keine Erhöhung geben, weder des vollen noch des reduzierten Mehrwertsteuersatzes.“ Jede Diskussion über die Mehrwertsteuer sei schädlich für die Konjunktur. Auch CSU-Chef Horst Seehofer versicherte in der „Bild am Sonntag“: „Ich werde keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, wenn darin eine höhere Mehrwertsteuer enthalten ist.“ Oettinger hatte eine Anhebung des Satzes von derzeit sieben auf 9,5 Prozent gefordert. Auch CDU-Fraktionschef Volker Kauder und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla verwiesen eine Mehrwertsteuererhöhung ins Reich der Fantasie.

Dessen ungeachtet sagte Böhmer dem „Tagesspiegel am Sonntag“: „Ich habe gegen höhere Steuersätze für Bestverdiener nichts einzuwenden. Wenn sie wie Manager von Dax-Unternehmen oder Fußballspieler ohne persönliches Risiko erhebliche Einkünfte erzielen, spricht nichts gegen eine höhere Belastung.“ Nur so lasse sich der zunehmenden Ungleichverteiluung von Vermögen in Deutschland entgegenwirken. Er betonte auch: „Wir werden die Neuverschuldung nur reduzieren können, wenn wir Ausgaben kürzen oder Steuern erhöhen oder beides tun.“

Was die Festlegung auf einen Termin für Steuererleichterungen angeht, so sprach sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in der „Welt am Sonntag“ für eine Stufenlösung aus. „Für uns ist klar, dass wir den ersten Schritt der Entlastung 2011 und nicht erst 2012 wollen.“ Pofalla bekräftige im Deutschlandfunk, dass es in der nächsten Legislaturperiode zwei Schritte zur Abschwächung der kalten Progression im Umfang von insgesamt 15 Milliarden Euro geben solle. Die Glaubwürdigkeit gebietet es aber, „dass wir jetzt im Jahr 2009 noch keine genauen Jahreszahlen festschreiben“. Den genauen Zeitpunkt wolle man von der der Einnahmesituation des Staates abhängig machen.

SPD wirf Union Vorbereitung von Wahlbetrug vor

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf der Union vor, mit ihrem Versprechen nach Steuerentlastung bewusst einen Wahlbetrug vorzubereiten. FDP-Parteichef Chef Guido Westerwelle begrüßte im Hinblick auf eine mögliche schwarz-gelbe Koalition nach der Wahl in der „Bild am Sonntag“ die Festlegung Seehofers, keinen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, in dem eine höhere Mehrwertsteuer verlangt werde. „Damit haben wir dann in Koalitionsverhandlungen mit der Union einen wichtigen Verbündeten.“ Auch er selbst werden einen Koalitionsvertrag nur dann unterschreiben, „wenn darin ein faires, leistungsgerechtes Steuersystem vereinbart worden ist“.

Die Grünen spotteten über die Unentschiedenheit der Union in Steuerfragen. Fraktionschef Fritz Kuhn erklärte: „Die Steuer- und Finanzpolitik der Union ist der Ausdruck wachsender Selbstverwirrung. Wer zwischen runter und rauf nicht unterscheiden kann, sollte im praktischen Leben jede Treppe vermeiden.“

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, erklärte, angesichts der höchsten Neuverschuldung in der Geschichte derBundesrepublik sei Merkel unglaubwürdig, wenn sie wider besseres Wissen weitere Steuersenkungen verspreche und Steuererhöhungen ausschließe.