Für den Finanzexperten der SPD stimmten 129 von 149 Abgeordneten. Bei ihrer Premiere in einem deutschen Landtag fordert die Piratenpartei mehr Rechte ein.

Berlin. Ralf Wieland ist neuer Berliner Parlamentspräsident. Der 54-jährige Speditionskaufmann wurde in der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag mit großer Mehrheit gewählt. Er löst Walter Momper (SPD) ab, der bei der Parlamentswahl Mitte September aus Altersgründen nicht mehr angetreten war.

Für Wieland, der keinen Gegenkandidaten hatte, stimmten in geheimer Wahl 129 von 149 Abgeordneten. Elf Parlamentarier votierten gegen ihn bei neun Enthaltungen. SPD und CDU, die nach dem Scheitern rot-grüner Koalitionsgespräche derzeit über eine gemeinsame Regierung verhandeln, kommen zusammen auf 86 Mandate.

Anschließend sollten die beiden Vizepräsidenten gewählt werden. Für die Posten kandidierten der CDU-Rechtsexperte Andreas Gram und die Grünen-Abgeordnete Anja Schillhaneck.

Schweigeminute für Opfer in Türkei

Vor dem Wahlgang hatte Alterspräsident Uwe Lehmann-Brauns (CDU) die erste Plenarsitzung der neuen Legislaturperiode eröffnet. Der 73-Jährige, der dem Parlament mit einer kurzen Unterbrechung seit 1979 angehört, appellierte an die Abgeordneten, vor allem der Stadt zu dienen. Zugleich brach er eine Lanze für eine konstruktive Streitkultur. Mit einer Schweigeminute gedachten die Abgeordneten der Opfer des Erdbebens in der Türkei.

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Die SPD stellt im Parlament die stärkste Fraktion vor CDU und Grünen. Die Linke, die seit 2002 mit den Sozialdemokraten regiert hatte, landete nur auf dem vierten Platz. Für eine Neuauflage von Rot-Rot reichte es nicht mehr. Neuling im Hohen Haus ist die Piratenpartei, die erstmals bundesweit in ein Landesparlament einzog.

Debatte zur Geschäftsordnung

Die Piraten sorgten gleich zum Auftakt für eine Debatte über die Geschäftsordnung. Im Interesse der politischen Chancengleichheit forderten sie in Anträgen unter anderem, dass jede Fraktion einen Vizepräsidenten stellen sowie eine Sondersitzung des Hauses beantragen kann. Die CDU sagte immerhin zu, die Anliegen im Rechtsausschuss ernsthaft prüfen zu wollen.

Ein weiterer Antrag, wonach der Hauptausschuss künftig der Opposition zustehen soll, wurde von den Fraktionen der Grünen und der Linken sowie einem Abgeordneten der Piraten eingebracht. Sie begründeten ihren Vorstoß damit, dass es sich um das wichtigste, für die Verteilung der Finanzen zuständige Gremium handelt. Der Antrag war die erste gemeinsame Initiative der voraussichtlich neuen Opposition. Bisher leitete mit dem jetzigen Parlamentspräsidenten ein Mitglied der regierenden SPD-Fraktion den Ausschuss.

Mit Material von dpa und dapd