Die Bundeskanzlerin und Frankreichs Präsident einigen sich auf Hilfe von Banken für Griechenland. SPD-Chef warnt davor, “Europa zu ruinieren“.

Hamburg/Berlin. Am Ende herrschte sie dann doch wieder über allem: die deutsch-französische Harmonie. Damit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy ihren Streit bei der Hilfe für Griechenland beilegen konnten, war vor allem ein Wort notwendig: "freiwillig". Freiwillig sollen private Banken und Versicherungen dem bedrohlich verschuldeten Griechenland weiter Geld leihen. Damit hat Deutschland seine harten Bedingungen für die Griechenland-Hilfe aufgegeben. So kann Sarkozy, der Vorgaben des Staates für Frankreichs Banken nicht akzeptieren wollte, sein Gesicht wahren. Und Merkel kann immerhin weiter darauf drängen, dass auch die Finanzinstitute in der Verantwortung bleiben. Und nicht nur die Steuerzahler.

Nach ihrem Treffen im Kanzleramt am Freitag hoben beide Politiker hervor, dass sie sich für eine schnelle und freiwillige Hilfe der Banken für Griechenland auch auf dem Gipfel der EU-Staaten Ende nächster Woche starkmachen wollen. "Es ist keine Zeit zu verlieren", mahnte Sarkozy.

Möglicherweise braucht Griechenland neben dem aktuellen Hilfspaket im Umfang von 110 Milliarden weitere 120 Milliarden Euro. Als Gegenleistung müsste das Land sich zu einem noch strikteren Sparprogramm verpflichten. Deutschland bürgt immer mindestens für ein Fünftel der Beträge.

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Den Weg aus der Krise soll nun ein Modell weisen, in dem die Gläubiger ein freiwilliges Festhalten an griechischen Anleihen signalisieren. Vorbild ist die sogenannte "Wiener Initiative". Dabei hatten sich 2009 mehrere westeuropäische Banken bereit erklärt, ihr Engagement in einigen von der Finanzkrise schwer getroffenen osteuropäischen Ländern beizubehalten. Merkel betonte, zur Lösung der Griechenlandkrise sei die "Wiener Initiative" eine gute Grundlage. "Ich glaube, dass man auf dieser Basis etwas voranbringen kann."

Trotz der Einigung zwischen Merkel und Sarkozy blieben Details offen. Frankreichs Staatschef war nur zu einer Stippvisite ins Kanzleramt gekommen. Kaum drei Stunden samt Mittagessen hatten die beiden Zeit, um über die dramatische Finanzlage Griechenlands, die Gefahren für die Euro-Zone, die Krise im Nahen Osten, den schwierigen Nato-Einsatz in Libyen, die Gewalt in Syrien zu sprechen.

Kritik am deutschen und französische Krisenmanagement kam von SPD-Chef Sigmar Gabriel "Merkel und Sarkozy haben heute keine Führung gezeigt", sagte er dem Hamburger Abendblatt. Sie hätten erneut bewiesen, dass "sie nur auf ihren eigenen innenpolitischen Vorteil schielen", so Gabriel. "Statt mutig voranzugehen, zeigen sie nur ihre ganze Hilf- und Ratlosigkeit. So ruinieren sie Europa", hob er hervor.

Gabriel kritisierte vor allem die Kanzlerin für die Politik in der Griechenland-Krise. "Frau Merkel hat alle notwendigen Schritte immer wieder hinausgezögert und damit die Krisenbewältigung immer teurer gemacht", sagte Gabriel. Wolkige Andeutungen über einen Schuldenschnitt mit Zustimmung der Europäischen Zentralbank würden nicht ausreichen, denn die werde es nicht geben. Schließlich sei die EZB längst der größte Gläubiger Griechenlands. Auch die EZB sieht eine Beteiligung privater Geldgeber skeptisch.

Gabriel forderte dagegen bei der Hilfe der europäischen Staaten für Griechenland einen "wirkungsvollen Schuldenschnitt, bei dem die Gläubiger auf einen beträchtlichen Teil ihrer Forderungen verzichten". Die EU-Staaten müssten Ländern wie Griechenland eine wirtschaftliche Perspektive geben.

Auch nach Ansicht des Finanzexperten der Grünen, Gerhard Schick, braucht es für eine stabile Lösung der Griechenland-Krise neben der Umschuldung die Schaffung eines europäischen Bankenrettungsfonds und ein Investitionsprogramm für die Krisenländer. Zwar sei es richtig, auf eine freiwillige Umschuldung in Griechenland zu setzen. "Derzeit zeichnet sich aber nur eine Laufzeitverlängerung ab, was den Schuldenstand von Griechenland nicht reduziert", sagte Schick dem Abendblatt. Das Problem der zu hohen Schuldenlast Griechenlands werde damit nur vertagt.

Die Schulden Griechenlands betragen 330 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Rettungspakete von EU-Partnern und IWF werden fast ausschließlich für Tilgung und Zinsen ausgegeben. Athen ist nicht in der Lage, auf den Finanzmärkten frisches Geld zu leihen.