Die Kritiker des umstrittenen Bahnprojekts in Stuttgart fordern für die Vermittlung größtmögliche Transparenz. Es müsse ein öffentlicher Prozess sein.

Stuttgart. Die Gegner von Stuttgart 21 wollen keine Schlichtung hinter verschlossenen Türen. „Es muss ein öffentlicher Prozess sein“, sagte der Verkehrsexperte der Grünen-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, Werner Wölfle, am Donnerstag. Die Kritiker und der Schlichter Heiner Geißler wollten am späten Donnerstagnachmittag die Bedingungen für eine Schlichtung an diesem Freitag ausloten.

Die Südwest-SPD dringt derweil weiter auf einen Volksentscheid zu Stuttgart 21. Sie macht ihre Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl im März davon abhängig, ob der Koalitionspartner sich diesem Kurs anschließt. Wölfle sprach von einer Übertragung der Schlichtung über Großleinwände, Fernsehen oder Internet: „Es nutzt nichts, wenn nur wir die Fakten erhalten.“ Auch der Stadtrat der SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial), Hannes Rockenbauch, betonte: „Das dürfen keine Hinterzimmergespräche werden.“

Die Fragen nach Kosten und Nutzen, ökologischen und städtebaulichen Aspekten müssten von geladenen Experten in öffentlichen Foren diskutiert werden. Daran hätten tausende Demonstranten ein berechtigtes Interesse. Geißler peilt eine Schlichtung für Freitagmorgen an. Der endgültige Termin sollte nach dem Gespräch mit den Kritikern festgelegt werden. Doch noch ist unklar, ob es überhaupt so weit kommt. Denn Rockenbauch bekräftigte die Forderung, während der Schlichtung dürften keine weiteren Fakten geschaffen werden. Das bedeute: ein Stopp der Grundwasserregulierung, kein Start für den Bau des unterirdischen Technikgebäudes an der Nordseite des Bahnhofes, keine weitere Entkernung des Südflügels und keine weiteren Gleisvorfeldarbeiten für Stuttgart 21. Bislang gehen die Projektträger auf diese Forderungen nicht ein.

Das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt Stuttgart 21 sieht den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante ICE-Neubaustrecke nach Ulm vor. Wegen des Streits um das Milliarden-Bahnprojekt rückt eine mögliche große Koalition von CDU und SPD nach der Wahl am 27. März in weite Ferne. Denn die Partei von Ministerpräsident Stefan Mappus lehnt eine Volksbefragung strikt ab. SPD-Landeschef Nils Schmid sagte dagegen: „Wer mit uns koalieren will, der muss sich zu diesem Weg der Vernunft bekennen.“ Schmid hält es für möglich, dass die CDU noch einlenkt. Er warf den Grünen – dem Wunschkoalitionspartner – vor, sich um ein klares Ja zu einem Volksentscheid herumzudrücken: „Die Grünen müssen Farbe bekennen, ob es ihnen jetzt um ein wahltaktisches Pingpong-Spiel zwischen Grün und Schwarz geht oder ob sie der Urteilskraft der Bürgerinnen und Bürger vertrauen.“

Unterdessen rügte das Verwaltungsgericht Stuttgart die Deutsche Bahn für ihr Verhalten in einem Verfahren gegen die Rodung von 25 Bäumen im Stuttgarter Schlossgarten für Stuttgart 21. Demnach sind die umstrittenen Baumfällarbeiten am 1. Oktober nur erfolgt, weil die Bahn dem Gericht eine wichtige Unterlage vorenthalten hatte. Sonst hätte das Gericht einem Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Rodung stattgegeben, teilte das Gericht mit. Bei dem fehlenden Papier handelt es sich um ein Schreiben des Eisenbahn-Bundesamtes, wonach die Rodung den im Schlossgarten lebenden seltenen Juchtenkäfer bedroht.