Ein 66 Jahre alter Renter, der bei einer Demonstration gegen Stuttgart 21 von einem Wasserwerfer auf beiden Augen verletzt wurde, bleibt blind.

Stuttgart. Die Lider sind zerrissen, der Augenboden des Auges gebrochen, die Netzhaut eingerissen, die Linsen zerstört - ein 66 Jahre alter Rentner, der gegen Stuttgart 21 protestiert hatte, bleibt auf einem Auge blind. Er wurde bei der gewaltsamen Räumung des Schlossgartens durch einen Wasserwerfer verletzt. Die Polizei setzte damals Wasserwerfer, Reizgas und Schlagstöcke ein.

„Er wird auch keine Sehfähigkeit mehr erreichen", sagt eine Krankenhaussprecherin. Auf dem anderen Auge könne er nach zwei Operationen Menschen grob erkennen. „Es gibt aber eine leise Hoffnung auf weitere Besserung.“ In der Klinik liegt noch ein weiterer Demonstrant, der bei den Protesten verletzt wurde.

Das Foto des Rentner, das ihn mit blutenden Augen gestützt auf zwei Helfer zeigt, wurde zum Symbolbild für die Härte des Polizeieinsatzes.

+++ Heiner Geißler will "Bau-Unterbrechung" in Stuttgart +++

Wagner, ein Ingenieur im Ruhestand, hatte dem Magazin „stern“ geschildert, wie es zu seinen Verletzungen kam: Er habe versucht, Jugendlichen zu helfen, die vom Strahl des Wasserwerfers weggefegt worden waren. Er habe den Polizisten gewunken, um ihnen zu bedeuten, sie sollten aufhören. Dann traf ihn selbst der Wasserstrahl direkt ins Gesicht – so massiv, dass er ohnmächtig geworden sei. „Es fühlte sich an wie der Schlag von einem Riesenboxer“, hatte er berichtet.

Ein Polizeivideo zeigt allerdings auch Szenen, in denen Wagner die Polizei mit einem Gegenstand beworfen und sich mehrfach demonstrativ vor die Wasserwerfer gestellt haben soll. Der genaue Ablauf ist umstritten. Wagner soll von der Polizei aus dem Gelände gebracht worden und anschließend wieder zurückgekehrt sein.

In Stuttgart soll Großartiges entstehen. Ein Gigaprojekt soll die Schwabenmetropole zum "neuen Herz Europas" werden lassen. Der Hauptbahnhof wird um 90 Grad gedreht und verschwindet komplett unter der Erde. Aus dem alten Kopfbahnhof mit seinen gewaltigen Fassaden an drei Seiten wird ein hochmoderner Durchgangsbahnhof, der die Ost-West-Achse Paris-Bratislava zur Hochgeschwindigkeitsstrecke machen soll. Zum Milliardenprojekt gehört außerdem eine neue Trasse nach Ulm, die die Fahrzeit von Stuttgart durch mehrere Tunnelabschnitte und eine neue Brücke über das Filstal von bisher 54 auf dann nur noch 28 Minuten nahezu halbiert. Und durch die direkte ICE-Anbindung an Flughafen und Messe, wo ebenfalls ein neuer Bahnhof entsteht, verkürzt sich die Fahrzeit von der City von 27 auf nur noch acht Minuten.