CDU-Ministerpräsident Tillich unterstützt als erster Unions-Spitzenpolitiker den FDP-Vorstoß zur Abschaffung der Rentengarantie.

Hamburg. Die Debatte um die Zukunft der Rente gewinnt in der Union an Fahrt. Erstmals hat sich nun auch ein CDU-Ministerpräsident dafür ausgesprochen, die sogenannte Rentengarantie wieder abzuschaffen . Sie verhindert ein Absinken der Renten in Zeiten sinkender Löhne. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte im Interview mit dem Hamburger Abendblatt: "Eine Rentengarantie wird es auf Dauer so nicht mehr geben, weil die jungen Menschen nicht auf Dauer derart belastet werden können."

Die 2009 beschlossene Garantie, die in diesem Jahr erstmals wirksam wurde, sei immer eine vorübergehende Maßnahme gewesen. Die Union habe das gemeinsame Ziel, dass der erworbene Rentenanspruch erhalten bleibe, versicherte Tillich. Er forderte, das bisherige Rentensystem zu überdenken: "Angesichts einer alternden Bevölkerung müssen wir darüber diskutieren, ob wir eine Grundrente brauchen, die vollständig durch Steuern finanziert ist."

Hier können Sie das große Abendblatt-Interview mit CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich nachlesen: +++"Die Lücken sind geschlossen"+++

Mit seiner Absage an die Garantie unterstützt der Regierungschef den umstrittenen Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Dieser hatte Mitte der Woche die Rentengarantie infrage gestellt und ihre Abschaffung gefordert. Die Zusage sei in der Wirtschaftskrise gegeben worden, um den Rentnern eine Absicherung zu geben, argumentierte der Bundeswirtschaftsminister. "Das kann man in Notsituationen machen." Nun aber kehre in der Wirtschaft die Normalität zurück, und die Rentenanpassung solle wieder von der Lohnentwicklung abhängig sein. "Das hat sich bewährt über Jahrzehnte", hatte Brüderle betont.

Nach einer Umfrage im Auftrag der "Bild"-Zeitung unterstützt eine Mehrheit der Bundesbürger eine Abschaffung der Rentengarantie. 49 Prozent der Befragten halten sie demnach für ungerecht, weil sie junge Menschen zugunsten der Alten belaste. 41 Prozent meinen hingegen, die Rentengarantie sei gerecht.

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Unterdessen mehren sich in der Union die Stimmen, die den Vorstoß von Brüderle und Tillich ablehnen. Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling, sprach sich klar für eine Beibehaltung der Rentengarantie aus. "Die Rentner benötigen diese Sicherheit", sagte er dem Abendblatt. Zwar weise Tillich zu Recht auf die demografischen Herausforderungen für die Rente hin, "aber ich glaube, dass eine Umstellung von einer umlage- zu einer steuerfinanzierten Rente ein Schnellschuss wäre". Es gebe keine Alternative zur Umlagefinanzierung, sagte Schiewerling.

Zuvor hatte schon der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer Brüderle heftig kritisiert. Der FDP-Minister habe ohne jede Not eine "reine Theoriediskussion" über die Rentengarantie angestoßen, sagte er der "Mittelbayerischen Zeitung". Rentenkürzungen stünden gar nicht zur Debatte, weil die Löhne stiegen. Sprecher der Bundesregierung hatten den Vorstoß Brüderles Anfang der Woche als persönliche Meinung des Ministers zurückgewiesen.