Die militärischen Ehren für den Ex-Präsidenten Christian Wulff sind umstritten. Alle anderen Altpräsidenten bleiben Zapfenstreich fern.

Berlin. Die geplante Verabschiedung des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr am Donnerstag stößt auf Kritik. Alle vier noch lebenden Altbundespräsidenten werden nach einem Bericht der "Welt" der militärischen Zeremonie im Park von Schloss Bellevue fernbleiben. Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Horst Köhler und Walter Scheel hätten sich gegen eine Teilnahme entschieden.

"Ich halte den Großen Zapfenstreich für Herrn Wulff für unangemessen", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, "Handelsblatt Online". Auch SPD-Haushälter Carsten Schneider sagte, Wulff habe das höchste Staatsamt beschädigt und "sollte sich nun in Demut üben". Die SPD-Führung will sich diesen Forderungen aber nicht anschließen. "Es gibt keinen Grund, das nun der Bundeswehr vor die Tür zu schieben", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. Ihr sei allerdings "niemand bekannt", der für die Sozialdemokraten an dem Zeremoniell teilnehmen werde.

+++ Kritik ohne Maß +++

Nach den Rücktritten von zwei Bundespräsidenten hat der FDP-Politiker Jürgen Koppelin eine Abschaffung des Amtes ins Gespräch gebracht. "Wir haben den Bundesratspräsidenten und die Bundeskanzlerin. Der Bundespräsident prüft Gesetze. Wenn man Bedenken gegen ein Gesetz hat, kann man das allerdings vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Den Bundespräsidenten benötigt man da nicht", sagte er der "Passauer Neuen Presse". FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle will hingegen an dem Amt festhalten. Koppelin stehe mit dieser Meinung "völlig allein".

Altkanzler Helmut Schmidt erhob schwere Vorwürfe gegen Wulff. Dieser habe dem Amt "einen schweren Schaden zugefügt, und er hat gleich die gesamte politische Klasse mit beschädigt", sagte Schmidt der "Bild"-Zeitung. Kritik gibt es zudem am Festhalten Wulffs an Privilegien für ausgeschiedene Bundespräsidenten. Die Grünen fordern ihn auf, ein eigenes Büro, ein Auto und einen Fahrer nicht in Anspruch zu nehmen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte: "Wulffs Sensibilität ist nicht besonders ausgeprägt." Schließlich habe er selbst gesagt, dass er bis zum Alter von 67 für sich sorgen wolle.

+++ Christian Wulff will Leistungen in Höhe von 280.000 Euro +++

Mitten in dieser Diskussion um Wulff stellt sich der Bundespräsidentenkandidat von Union, FDP, SPD und Grünen, Joachim Gauck, heute der Fraktion der Linken im Bundestag vor. Die Linke hat für die Wahl des Staatsoberhaupts durch die Bundesversammlung am 18. März Beate Klarsfeld als eigene Kandidatin benannt und zählt zu den schärfsten Kritikern Gaucks.

Der ehemalige Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde sei ein "Kandidat der kalten Herzen", hatte die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch bereits nach Gaucks Nominierung gesagt. Die Linke kritisiert vor allem die Positionen des ehemaligen DDR-Bürgerrechtlers bei den Themen Integration, Finanzkrise und Afghanistan-Einsatz. Er sei ein "Verteidiger des Finanzmarktkapitals", so der Kovorsitzende Klaus Ernst.

Kritisiert wurden auch Gaucks Familienverhältnisse: Er lebt seit 20 Jahren getrennt von seiner ersten Frau und hat seit zwölf Jahren eine neue feste Partnerin. Am Wochenende verteidigt Joachim Gaucks Sohn Christian seinen Vater gegen Vorwürfe, er sei zu DDR-Zeiten kein wirklicher Widerständler gewesen. Der Philosoph Peter Sloterdijk rechnet damit, dass Gauck aufgrund seiner "pastoralen Identität" bald vielen "auf die Nerven gehen" könnte: "Wir tun zwar so, als wäre uns eine moralische Autorität im höchsten Staatsamt willkommen, aber sobald sie sich äußert, wird man sich gegen sie auflehnen."