Aus der Umgebung Wulffs hieß es, es gehe ihm gut. Am Mittwoch habe Wulff bereits wieder private Termine in Berlin wahrgenommen.

Berlin. Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat sich in der Nacht zum Mittwoch in ein Berliner Krankenhaus begeben müssen. Das bestätigte das Bundespräsidialamt am Mittwoch in Berlin. Wie zu erfahren war, soll es sich um eine Nierenkolik gehandelt haben.

Das Präsidialamt teilte keine Details mit. Es hieß lediglich: „Das Bundespräsidialamt bestätigt, dass sich Bundespräsident a.D. Christian Wulff vergangene Nacht für wenige Stunden in ein Berliner Krankenhaus begeben musste. Einzelheiten werden mit Rücksicht auf die Privatsphäre nicht bekannt gegeben.“

Aus der Umgebung Wulffs hieß es, es gehe ihm gut. Am Mittwoch habe Wulff bereits wieder private Termine in Berlin wahrgenommen. Die Ärzte im Berliner Bundeswehrkrankenhaus hätten ihm Medikamente verschrieben. Auslöser der Beschwerden sei ein Nierenstein. Vor einem Jahr habe Wulff (52) schon einmal an ähnlichen Schmerzen gelitten.

Bei einer Nierenkolik treten heftige Schmerzen in der Nierengegend oder im Bachraum auf. Sie können in die Leisten- und Genitalregion sowie in die Oberschenkel ausstrahlen. Die Anfälle werden häufig von Übelkeit, Erbrechen und Blähungen begleitet.

Ursache ist meist ein Harnstein, der sich im Harnleiter oder am Ein- oder Ausgang der Harnblase verklemmt hat und zum Harnrückstau mit Überdehnung des Nierenbeckens führt. Eine Kolik kann aber auch durch einen Niereninfarkt, eine Entzündung des Nierenbeckens oder Nierenkrebs entstehen.

Nach mehr als zwei Monaten in der Kritik war Wulff am vergangenen Freitag von seinem Amt zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Inzwischen ermittelt die Behörde wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Dabei geht es um die Beziehung Wulffs zu dem Filmunternehmer David Groenewold.

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Staatsanwaltschaft zweifelt an Wulffs Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft Hannover hält die Verteidigungslinie des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gegen den Verdacht der Vorteilsannahme offenbar in mehreren Punkten für zweifelhaft. In ihrem Antrag an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zur Aufhebung der Immunität des ehemaligen Staatsoberhaupts stellen die Staatsanwälte nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ (Mittwochausgabe) vor allem Wulffs Darstellung in Frage, er habe die Kosten für drei Urlaube mit dem Filmfinanzierer David Groenewold nicht dem befreundeten Unternehmer überlassen, sondern selbst bar bezahlt.

Aus dem zwölfseitigen Dokument gehe hervor, dass die Staatsanwälte in wenigstens drei Fällen den Verdacht hegten, Groenewold habe Wulff „als Gegenleistung für ein allgemeines dienstliches Wohlwollen“ zu kostenlosen Ferienaufenthalten eingeladen. Wulffs Angaben zu den Rückerstattungen in bar hielten die Ermittler offenbar für wenig plausibel.

Verfassungsklage gegen Landesregierung Niedersachsen

Mit einer Verfassungsklage will die SPD-Landtagsfraktion in Niedersachsen nach dem Rücktritt von Christian Wulff als Bundespräsident den Druck zur Aufklärung des umstrittenen Nord-Süd-Dialogs aufrechterhalten. Ex-Innenminister Heiner Bartling (SPD) reichte die Klage am Dienstag beim Staatsgerichtshof in Bückeburg ein. Wulffs CDU-Parteifreund und Nachfolger als Ministerpräsident, David McAllister, sagte, er sehe dem Beginn des Verfahrens „mit größtmöglicher Gelassenheit“ entgegen.

Die Staatskanzlei in Hannover bestätigte Medienberichte, nach denen McAllister Gäste für das Lobby-Treffen hat einladen lassen. In der Vergangenheit hatte die Landesregierung erklärt, die Entscheidung über die Auswahl der Gäste habe allein beim Veranstalter Manfred Schmidt gelegen.

Bartling und SPD-Fraktionschef Stefan Schostok begründeten ihren Gang vor Gericht damit, dass die Regierung den Landtag falsch über die Beteiligung an dem Promitreffen informiert habe. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass es das Ziel der Landesregierung unter McAllister war, das Fehlverhalten seines Vorgängers zu decken“, sagte Schostok.

Nach seinem Eindruck legen die späten Nachforschungen zur Rolle der Staatskanzlei im Zusammenhang mit dem Nord-Süd-Dialog nahe, dass die wahren Abläufe zu Wulffs Regierungszeit verschleiert werden sollten. „Die Klage richtet sich in ihrer rechtlichen Wirkung primär gegen die derzeit amtierende Landesregierung“, stellte Bartling klar.

Allerdings müsse das höchste niedersächsische Gericht wohl auch Wulffs Amtszeit als Ministerpräsident unter die Lupe nehmen. „Die frühere Landesregierung unter Wulff hat hier den Ursprung gesetzt“, sagte Bartling. Das Land hatte den Nord-Süd-Dialog finanziell und organisatorisch unterstützt, dies aber lange bestritten.

McAllister zeigte sich vom Gang der Opposition nach Bückeburg wenig beeindruckt. „Wir begrüßen sogar, dass dieser Schritt beschritten wird, weil wir dann Klarheit bekommen über die einzelnen angeblich offenen Punkte“, erklärte er. Der Ministerpräsident verwies darauf, dass die Regierung bereits mehrere hundert Fragen beantwortet habe. „Darüber hinaus haben wir von uns aus den Landesrechnungshof gebeten, in eine Sonderprüfung des Nord-Süd-Dialogs einzusteigen“, sagte McAllister in Bremen.

In der Staatskanzlei wurde die 2007 gestartete Reihe federführend von Olaf Glaeseker betreut, dem Sprecher des damaligen Regierungschefs und späteren Bundespräsidenten Christian Wulff. In einem Brief McAllisters, welcher dem NDR-Fernsehen vorliegt, heißt es: „Lieber Olaf Glaeseker, nachstehend übermittle ich Dir die Namen und Adressen von drei Personen, die ich bitte zu der Veranstaltung (...) einzuladen.“ McAllister sagte dazu: „Richtig ist, dass Herr Glaeseker nach meiner Erinnerung mich angesprochen hat, ob ich noch kurzfristig weitere Personen zum Nord-Süd-Dialog einladen könnte.“

Regierungssprecher Franz-Rainer Enste ergänzte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass dies kein besonderer Vorgang gewesen sei: „Dutzende andere haben sich damals bei Glaeseker gemeldet, um auf die Einladungslisten zu kommen.“ Dieser war von dem inzwischen vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetretenen Wulff im Dezember entlassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Glaeseker wegen Bestechlichkeit. Er soll mit seiner Frau mehrmals Gratis-Urlaub in Feriendomizilen des Veranstalters des Nord-Süd-Dialogs, Schmidt, gemacht haben.

Mit Material von dpa und dapd