SCHRÖDER GEGEN STOIBER Zweiter 75-Minuten-Kampf um die Gunst der Wähler. Schlagabtausch um Arbeitsplätze und Irak-Krise.

Berlin. Mit ihrem zweiten Fernsehduell haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Herausforderer Edmund Stoiber den Wahlkampfendspurt eingeläutet. Zwei Wochen vor der Wahl trafen sie gestern Abend bei ARD und ZDF zum Streitgespräch aufeinander, um erneut um die Zustimmung der Wähler zu werben. Gleich zum Auftakt lieferten sich Schröder und Stoiber einen heftigen Schlagabtausch beim Thema Arbeitslosigkeit. Stoiber betonte, für ihn sei die Schaffung neuer Arbeitsplätze das zentrale Thema, und warf dem Kanzler vor, sein Versprechen, die Arbeitslosigkeit zu senken, gebrochen zu haben. Schröder sagte, die rot-grüne Koalition habe in zentralen Politikbereichen, etwa mit der Steuer- und der Rentenreform, gute Arbeit geleistet. Der Bundeskanzler warb für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition und bezeichnete eine große Koalition als "rein theoretische Überlegung". Zur PDS sagte er: "Ich führe keine Regierung, die nicht eine eindeutige Mehrheit ohne die PDS im Bundestag hat." Stoiber formulierte als Ziel, am 22. September mehr als 40 Prozent der Stimmen zu bekommen, damit gegen die Union keine Regierung gebildet werden könne. Eine große Koalition lehnte er ab, sie bringe nicht die Lösungen, "die wir brauchen". Schröder schloss erneut aus, dass sich Deutschland unter seiner Führung an einem US-Angriff auf Irak beteiligt. Stoiber forderte, den Druck auf Iraks Diktator Saddam Hussein aufrechtzuerhalten und das "absolute Entscheidungsmonopol" der UNO zu beachten. Der CSU-Chef warf Schröder vor, mit seinem Ton gegenüber US-Präsident George W. Bush das deutsch-amerikanische Verhältnis zu schädigen. Zu Personalspekulationen für ein möglicherweise von Stoiber geführtes Kabinett mit Lothar Späth als Arbeits- und Wirtschaftsminister sagte Schröder: "Wir diskutieren über ein Kabinett, das das Licht der Welt nicht erblicken wird." In seiner Regierung behalte Arbeitsminister Walter Riester (SPD) sein Amt. Zum Thema Bildungspolitik kritisierte Stoiber, es sei ein katastrophaler Zustand, dass Deutschland unter den 32 OECD-Staaten an 21. Stelle liege. Schröder wies darauf hin, der Bund habe unter seiner Führung seinen Bildungsetat um 30 Prozent gesteigert, nachdem er zuvor "ständig gekürzt worden" sei. Außerdem habe seine Regierung den Ländern zwei Milliarden Euro zur Verbesserung der Ganztagsbetreuung von Kindern zugesagt. Das Streitgespräch bot nach Expertenmeinung den beiden Kandidaten vielleicht die letzte Gelegenheit, unentschlossene Wähler für sich zu gewinnen. Die Fragen in der 75-minütigen Sendung stellten die ARD-Moderatorin Sabine Christiansen und ihre ZDF-Kollegin Maybrit Illner. Das erste Duell hatte vor zwei Wochen bei RTL und Sat.1 stattgefunden.