K O M M E N T A R

Gerhard Schröder gegen Edmund Stoiber - Millionen Deutsche haben gestern Abend auch das zweite TV-Duell zwischen Kanzler und Kandidat im heimischen Wohnzimmer am Bildschirm verfolgt. Natürlich bezog die Veranstaltung ihren besonderen Reiz diesmal auch aus der terminlichen Nähe zum Tag der Entscheidung. In zwei Wochen ist Wahl, und der Ausgang des Rennens scheint völlig offen zu sein. Entsprechend steigt auch die Anspannung nicht nur in den Parteien, sondern auch bei ihren Spitzenkandidaten. Das bestimmte beim TV-Duell gestern Abend deutlich den Ton der Kontrahenten. Sie gingen energischer, mitunter auch aggressiver zu Werke als bei der Premiere vor zwei Wochen. Das Regelkorsett wurde von den beiden Moderatorinnen ein wenig aufgeschnürt. Das machte das Duell lebendiger. Die Kontrahenten konnten etwas spontaner zu Werke gehen und nutzten ihre Chance. Doch Kanzler und Kandidat ließen sich nicht wirklich in die Karten schauen. Beide blieben auf optische Wirkung bedacht, lieferten im Wechselgespräch überwiegend bekannte Argumente und auch Polemiken ab. Stoiber zeigte sich ähnlich gut in Form wie beim ersten Mal. Schröder wirkte präsenter und souveräner als bei der Premiere vor zwei Wochen. Wer das Duell gewonnen, wer es verloren hat oder ob es unentschieden ausging, darüber wird in den nächsten Tagen zweifellos noch heftig gestritten. Die Einflüsterer aus den Parteizentralen werden versuchen, die Deutungshoheit zu gewinnen Das alles muss nicht viel heißen für den Wahltag. Denn inwieweit der flüchtige Eindruck, den ein Fernsehabend hinterlässt, am Ende die Wahlentscheidung von Bürgern beeinflusst oder gar bestimmt, lässt sich kaum sagen. Insofern sollte die Wirkung eines TV-Duells nicht überschätzt werden. Doch ein Gewinn ist diese neue Form der Wahlkampf-Veranstaltung allemal. Denn sie trägt Politik in jedes Haus.