Wieder gibt es Unruhen in Ägyptens Haupstadt Kairo. Bei gewaltsamen Zusammenstößen von Demonstranten und Sympathisanten der ägyptischen Regierung wurden fast 300 Menschen verletzt.

Kairo. In Ägypten gibt es erneut schwere Unruhen. Fast 300 Menschen sind bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und gewalttätigen Sympathisanten der ägyptischen Militärführung in Kairo verletzt worden. Wie Teilnehmer und Augenzeugen berichtete, wollten einige tausend Demonstranten vor das Verteidigungsministerium ziehen, um gegen die Politik des dort ansässigen Militärrates zu protestieren. Dieser regiert seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak am 11. Februar das Land. Auf dem Weg dorthin wurden sie aber an der christlichen Abbasija-Kathedrale von Soldaten mit Warnschüssen am Weitermarsch gehindert.

Daraufhin stürzten sich von der Armee aufgehetzte Anwohner des Viertels und Kleinkriminelle mit Brandsätzen, Messern und Stöcken auf die Demonstranten, wie Augenzeugen berichteten. Sondereinheiten der Polizei schossen Tränengasgranaten auf die Demonstranten. Die hinter den Stacheldrahtabsperrungen postierten Armeeverbände griffen in das Geschehen nicht ein. 290 Menschen wurden in der Nacht zum Sonntag verletzt, 39 von ihnen kamen laut Gesundheitsministerium ins Krankenhaus.

Nach Angaben von Augenzeugen und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde der Blogger und Aktivist Amr Gharbeia von Männern in Zivil verschleppt. Sie wollten ihn den Militärbehörden übergeben, hätten sie gesagt. Der Aufenthaltsort Gharbeias, der früher für Amnesty gearbeitet hatte, war allerdings zunächst unbekannt. Ein Augenzeuge berichtete, dass er von den Männern, die ihn verschleppt hatten, geschlagen und an den Haaren gerissen wurde.

Nach den Zusammenstößen zog sich die Menge in kleineren Gruppen wieder zum Tahrir-Platz im Zentrum der Stadt zurück, der seit zwei Wochen von Demokratie-Aktivisten besetzt wird. Sie kritisieren, dass der Militärrat die Reform der Sicherheitskräfte und die Prozesse gegen Angehörige des Mubarak-Regimes absichtlich verschleppe. (abendblatt.de/dpa)