In Ägypten nehmen die Spannungen zwischen der Protestbewegung und den seit dem Sturz Husni Mubarak regierenden Streitkräften zu.

Kairo. Ägyptische Militärpolizei ging am frühen Sonnabend in Kairo mit Gewalt gegen Hunderte Demonstranten auf dem Tahrir-Platz vor. Die Soldaten schossen in die Luft, schlugen auf die Demonstranten ein und nahmen laut Augenzeugen etliche von ihnen fest.

Nach dem Rückzug der Soldaten strömten Demonstranten zurück auf den Platz und blockierten die Straßen, die zum ihm führen. Sie kündigten an, auf dem Platz auszuharren, bis Verteidigungsminister Hussein Tantawi zurücktritt. Er regiert das Land derzeit an der Spitze eines Militärrats. Die Militärpolizei, die ein Zeltlager auf dem Platz stürmte, wurde unterstützt von gepanzerten Fahrzeugen. Die Demonstranten hatten dort eine Menschenkette um mehrere Heeresoffiziere gebildet, die sich entgegen dem Befehl ihrer Vorgesetzten dem Protest angeschlossen hatten.

Zahlreiche Demonstranten flüchteten in eine nahegelegene Moschee, die von den Soldaten umstellt wurde. Über Stunden waren Schüsse zu hören. Demonstranten in der Moschee berichteten von vielen Verletzten. Die Streitkräfte veröffentlichten später eine Erklärung, in der sie „Gesetzlose“ für Ausschreitungen und einen Verstoß gegen das nächtliche Ausgehverbot verantwortlich machten. Es sei jedoch niemand zu Schaden gekommen oder verletzt worden.

Mubarak soll vor Gericht

Nur wenige Stunden zuvor hatten Zehntausende auf dem Tahrir-Platz demonstriert. Es war eine der größten Kundgebungen seit Wochen. Die Menschen forderten die strafrechtliche Verfolgung von Mubarak und seiner Regierung. „Wir gehen hier nicht weg, bis Mubarak vor Gericht steht“, sagte einer der Redner. Stärker als bei früheren Protesten übten die Demonstranten auch direkte Kritik am Obersten Rat der Streitkräfte und an Tantawi, einem früheren Parteigänger Mubaraks.

Die Demonstranten forderten auf Plakaten und in Sprechchören, dass Tantawi gegen Mubarak und seine Söhne vorgeht, besonders gegen Gamal, einen ehemaligen Investmentbanker, der seinem Vater im Amt nachfolgen sollte. „Tantawi, schützt Du Mubarak?“ war auf einem Plakat zu lesen. Die Demonstranten stellten auch einen Käfig auf und legten Bilder von Mubarak und seiner Familie hinein.

Mubarak und seine Familie stehen in einem Präsidentenpalast im Badeort Scharm-el-Scheich am Roten Meer unter Hausarrest. Ihr Vermögen ist eingefroren. Bei vielen Menschen wächst aber die Ungeduld, weil immer noch keine Schritte gegen Mubarak und seine Familie unternommen wurden.