Muslimbruder Mursi wird als Wahlsieger gefeiert. Er soll 52 Prozent der Stimmen bekommen haben. Langjähriger Machthaber Mubarak im Koma.

Kairo. Politische Hochspannung in Ägypten: Beide Kandidaten der Stichwahl vom vergangenen Wochenende reklamieren für sich den Wahlsieg, der langjährige Machthaber Husni Mubarak ringt mit dem Tod. In dieser Lage schien die Wahlkommission die Bekanntgabe des amtlichen Ergebnisses hinauszögern zu wollen, wer erster Präsident Ägyptens nach dem Umsturz vor 15 Monaten wird.

Ein ranghohes Mitglied der Wahlkommission sagte, wegen einer Vielzahl von Beschwerden könnte es zu einer späteren Bekanntgabe kommen. Eine offizielle Mitteilung der Wahlkommission war das allerdings nicht.

Unterstützer des ehemaligen ägyptischen Ministerpräsidenten unter Mubarak, Ahmed Schafik, teilten mit, dieser habe 51,5 Prozent der Stimmen erhalten. Das gegnerische Lager des Kandidaten der Muslimbruderschaft hingegen veröffentlichte Zahlen, denen zufolge Mohammed Mursi 52 Prozent der Stimmen erhielt.

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Unterdessen schien der Zustand des im vergangenen Jahr gestürzten Präsidenten Mubarak stabil zu sein. Sein Herz und andere lebenswichtige Organe funktionierten und lebenserhaltende Maschinen seien daher nicht länger nötig, erklärten Sicherheitskreise am Mittwoch in Kairo. Ein Team aus 15 Ärzten überwache den Gesundheitszustand des 84-Jährigen.

Massendemonstration auf dem Tahrir-Platz

Die Nachricht über Mubaraks sich verschlechternden Gesundheitszustand war in eine Massendemonstration auf dem Kairoer Tahrir-Platz geplatzt, dem Geburtsort der ägyptischen Revolution. Schätzungsweise 50.000 Menschen protestierten dort gegen den regierenden Militärrat, der sich umfassende Rechte auch für die Zeit nach der Machtübergabe an eine Zivilregierung zugesichert hat.

Der Gesundheitszustand des zu lebenslanger Haft verurteilten Expräsidenten habe sich dramatisch verschlechtert und sein Herz aufgehört zu schlagen, hatte die staatliche Nachrichtenagentur MENA gemeldet und war aus Sicherheitskreisen verlautet. Er sei wiederbelebt worden, habe dann aber einen Schlaganfall erlitten und sei vom Gefängnis Tora am Rande der Hauptstadt in das Militärkrankenhaus Maadi verlegt worden. Dort war Mubaraks Vorgänger, Anwar Sadat, vor mehr als 30 Jahren für tot erklärt worden, nachdem er von islamistischen Extremisten niedergeschossen worden war.

Der ägyptische Fernsehsender Nile TV berichtete, Mubarak-Anhänger und -Gegner hätten sich vor dem Krankenhaus versammelt und gegenseitig beschimpft. „Das hat er nicht verdient, egal, was er getan hat“, soll einer der Demonstranten gesagt haben.

Mubaraks Anwalt, Farid el Deeb, sagte dem US-Sender CNN, sein Mandant habe bereits seit zehn Tagen Wasser in der Lunge gehabt, sein Blutdruck sei niedrig, er habe Atemschwierigkeiten gehabt und an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden müssen. Ihm seien intravenös Medikamente verabreicht worden, um ein Blutgerinnsel im Gehirn zu behandeln. Mit Elektroschocks habe man versucht, ihn wiederzubeleben, aber es habe keine nennenswerte Reaktion gegeben.


50.000 Demonstranten auf Tahrir-Platz

Der ehemalige Präsident war am 2. Juni zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er während des gegen ihn gerichteten Aufstands Anfang vergangenen Jahres nichts gegen die Tötung von Demonstranten unternommen hatte.

Derweil war die Stimmung in den ägyptischen Ballungszentren nach der Präsidentschaftswahl vom Wochenende weiterhin angespannt. Am Dienstagabend hatten sich rund 50.000 Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in der Kairoer Innenstadt versammelt. Auch in der Hafenstadt Alexandria gingen Tausende Menschen auf die Straßen. Die islamistische Muslimbruderschaft hatte ihre Anhänger zu Protesten gegen den regierenden Militärrat aufgerufen, der kurz vor der Präsidentenwahl am vergangenen Wochenende mit einer Übergangsverfassung seine Machtposition gefestigt hatte. (dapd)