Mubarak bleibt in Haft, Ägypten ist aber nicht befriedet

Das Urteil gegen den früheren ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak hat, obwohl noch nicht rechtskräftig, immerhin zwei positive Aspekte. Zum einen ist damit zum ersten Mal einem arabischen Despoten die juristische Quittung für seine Untaten ausgestellt worden. Dies ändert die alten Spielregeln in der nicht gerade von Demokratie und Rechtstaatlichkeit verwöhnten Region - und dürfte auch den syrischen Tyrannen Assad beeindrucken. Zum anderen lautet das Urteil bislang nicht auf Todesstrafe - ein bewusster Verzicht auf die sonst eher regionaltypische Brachiallösung. Dass die Muslimbruderschaft Mubarak lieber aufknüpfen würde, lässt nichts Gutes bezüglich ihrer politischen Kultur ahnen.

Doch insgesamt sind die Prozesse gegen das frühere Regime eher eine potemkinsche Fassade als eine saubere Aufarbeitung der Vergangenheit. Dass nur Mubarak und sein Innenminister, nicht aber die verantwortlichen Generäle oder die rangniederen Befehlshaber vor Ort für die 850 Toten des Volksaufstandes büßen sollen, ist absurd. Fast noch bedenklicher ist jedoch, dass Mubarak und seine Söhne vom Vorwurf der Korruption freigesprochen wurden - nach seriösen Schätzungen hat die Familie des "Pharao" in den fast 30 Jahren seiner Amtszeit mindestens 40 Milliarden Dollar zusammengerafft. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die alten Eliten Ägyptens an gewissen lieb gewordenen Sitten wie auch an ihren Vermögen festhalten wollen.

Die der Despotie müden Menschen auf dem Tahrir-Platz hatten für Demokratie und eine offenere Gesellschaft gekämpft. Mubarak ist gestürzt doch um die Macht im Staat ringen nun die Erben des alten Regimes mit den radikalislamischen Muslimbrüdern - beide keine Garanten für Pluralität. Das Urteil gegen Mubarak könnte dessen früherem Luftfahrtminister Schafik schaden, der mit dem Muslimbruder Mursi in einer Stichwahl um das Präsidentenamt ringen wird. Ein Sieg der Islamisten würde Mubaraks pragmatischen Kurs gegenüber Israel endgültig aufheben und gefährliche neue Spannungen schüren.