Präsident Bakijew erhebt weiter Anspruch auf die Führung des Landes. In der Hauptstadt Bischkek kam es zu neuen Gewaltexzessen.

Bischkek/Moskau. Auch nach dem blutigen Volksaufstand in Kirgistan mit Dutzenden Toten und über 1000 Verletzten dauert der Machtkampf in der zentralasiatischen Republik an. Der autoritäre Präsident Kurmanbek Bakijew erhebt weiter Anspruch auf die Führung des Landes. In der Hauptstadt Bischkek kam es nach Medienberichten zu neuen Gewaltexzessen. Die Opposition setzte eine neue Regierung ein und befahl, auf Plünderer zu schießen. Die internationale Gemeinschaft zeigte sich tief besorgt über die Lage.

„Ich bin ein gewählter Staatschef und erkenne überhaupt keine Niederlage an“, sagte Bakijew am Donnerstag dem russischen Radiosender Echo Moskwy, der auch in Kirgistan zu empfangen ist. Der 60-Jährige hält sich nach eigenen Angaben im Süden des Landes auf, seiner Hochburg. Die Opposition forderte ihn auf, seine Niederlage einzugestehen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle verlangte ein Ende der Gewalt. Das Land müsse so schnell wie möglich Sicherheit und Stabilität wiederherstellen, sagte er. Die Vereinten Nationen (UN) und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schickten Sondergesandte nach Kirgistan. US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Dmitri Medwedew unterhielten sich am Rande ihres Treffens in Prag über die Entwicklung in Kirgistan. Opposition sieht sich als Siegerin

Bakijew sieht sich weiter als „Garant der Verfassung Kirgistans“. Er warf der Opposition vor, mit ausländischer Hilfe und Waffengewalt die Staatsführung an sich gerissen zu haben. Die designierte Regierungschefin Rosa Otunbajewa sprach in der Hauptstadt Bischkek hingegen von einer siegreichen Revolution. Der Volksaufstand habe die „Repressionen, die Tyrannei und die Aggression“ gegen die Menschen beendet, sagte die 59-jährige Politikerin. Otunbajewa gilt als eine Vorkämpferin der Menschenrechte in der Ex-Sowjetrepublik.

Russland schickte 150 Soldaten nach Kirgistan – mit der Begründung, seine Streitkräfte und deren Familienangehörige schützen zu müssen. Der russische Regierungschef Wladimir Putin sicherte dem Bruderstaat aus gemeinsamen Sowjetzeiten „humanitäre Unterstützung“ zu, um die gegenwärtige Krise zu überwinden. Bei einem Telefonat mit Otunbajewa appellierte Putin nach Angaben seines Sprechers an die neue Führung, keine Gewalt mehr zuzulassen. Kommentatoren in Moskau sahen dies als erste ausländische Anerkennung des Machtwechsels.

Der designierte Verteidigungsminister Ismail Issakow erklärte, dass „praktisch alle Streitkräfte Kirgistans und der Grenzschutz fast vollkommen unter unserem Befehl stehen“. In der Großstadt Osch und in anderen Orten setzte die Opposition neue Bürgermeister und Gouverneure ein. Die neue Führung sicherte auch die Einhaltung aller internationalen Verträge Kirgistans zu. Dazu gehört auch die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Manas durch die USAnahe Bischkek. Von dort aus versorgen die US-Streitkräfte ihre Truppen in Afghanistan. Schießbefehl in Bischkek

In Bischkek ordnete der von der Opposition eingesetzte Innenminister Bolot Schernijasow im Staatsfernsehen an, auf Plünderer und Randalierer schießen zu lassen. Zuvor hatten Medien über Brandschatzungen berichtet. Der bisherige Ressortchef Moldomussa Kongantijew ist entgegen anderslautender Berichte vom Vortag offenbar noch am Leben. Der Schwerverletzte sei in das Nachbarland Kasachstan geflüchtet, hieß es.

Er sei äußerst besorgt und alarmiert von der andauernden Gewalt im Land, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Wien. Zuvor hatte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton „erste Zeichen einer Stabilisierung in Kirgistan“ begrüßt.