Mit drastischen Worten reagierte Russlands Präsident auf die zwei Selbstmordanschläge. Bei dem Blutbad kamen 38 Menschen ums Leben.

Moskau/Washington. Nach dem Doppelanschlag in der Moskauer Metro hat Russlands Präsident Dmitri Medwedew den Drahtziehern mit Vernichtung gedroht. „Wir werden sie alle finden und zerstören“, sagte Medwedew am Montag bei der Besichtigung des U-Bahnhofs Lubjanka, in dem sich die erste der beiden Bombenexplosionen ereignet hatte. Die Täter seien „einfach Bestien“, fügte Medwedew hinzu. Die Metro-Station befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Zentrale des Geheimdienstes FSB.

Obama sagt Unterstützung zu

US-Präsident Barack Obama sprach Medwedew in einem Telefonat seine Anteilnahme aus. Zudem habe Obama Unterstützung zugesagt, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, teilte das Präsidialamt in Washington mit.

Bei den Anschlägen zweier Selbstmordattentäterinnen in der Moskauer U-Bahn während des Berufsverkehrs kamen mindestens 38 Menschen ums Leben, 64 wurden verletzt. Der russische Geheimdienst vermutet, dass die Anschläge vom Nordkaukasus aus geplant wurden, wo die islamistische Gewalt nicht abebbt.

Ein erster Sprengsatz war um 7.56 Uhr Ortszeit (5.56 Uhr MESZ) an der Haltestelle Lubjanka explodiert, die gegenüber der Zentrale des Inlandsgeheimdienstes FSB liegt. Von dort aus werden maßgeblich die Aktionen gegen die Rebellen in der Konfliktregion Nordkaukasus geplant. Nur 44 Minuten später detonierte die zweite Bombe an der U-Bahn-Station Park Kultury. Die Anschläge lösten weltweit Entsetzen aus. Kremlchef Medwedew legte am Abend Blumen am Tatort in der Lubjanka-Station nieder.

Es war der erste Anschlag auf die Metro seit sechs Jahren. Die Sprengsätze hatten nach Angaben der Behörden eine Stärke von 4 beziehungsweise 1,5 bis 2 Kilogramm TNT. Die Bomben wurden vermutlich mit einem Telefonanruf ferngezündet. In der Station Park Kultury wurden auch der Kopf und weitere Körperteile einer Attentäterin im Alter von etwa 18 bis 20 Jahren gefunden. Meldungen, nach denen dort ein weiterer, nicht explodierter Sprengstoffgürtel entschärft wurde, bestätigten sich nicht. Unklar war auch, ob es sich wie bei früheren Anschlägen bei den Attentäterinnen um „Schwarze Witwen“ handelte.

Geheimdienst gibt islamistischen Terroristen die Schuld

Der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, machte islamistische Terroristen aus dem Nordkaukasus für das Blutbad verantwortlich. Ihre Handschrift sei klar erkennbar, sagte er. Die Ermittler fahnden nach mindestens drei Helfern. Sie wollen Videoaufnahmen auswerten.

Medwedew ordnete für das ganze Land verschärfte Sicherheitsmaßnahmen an. Auf allen Transportstrecken und an den Flughäfen der russischen Hauptstadt wurden die Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Gut acht Stunden nach den Anschlägen wurde auch die rote Metro-Linie bis auf die beiden getroffenen Stationen wieder bedient.

Medwedew hielt eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags ab, die vom Staatsfernsehen übertragen wurde. Zugleich kündigte er die Fortsetzung des harten Anti-Terror-Kurses seiner Regierung an. „Wir werden unsere Operationen gegen die Terroristen ohne Kompromisse bis zum Ende führen“, sagte Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax. Regierungschef Wladimir Putin forderte, die Verantwortlichen für die Anschläge „auszulöschen“.

Internationale Bestürzung

Weltweit lösten die Bluttaten Empörung aus. „Wir können es nicht erlauben, dass Gewalt gegenüber Freiheit und Demokratie die Oberhand gewinnt“, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. Auch die NATO verurteilte die Attentate. US-Präsident Barack Obama bekundete dem russischen Volk seine Solidarität. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem schrecklichen Ereignis und einem Rückschlag für die russischen Bemühungen um Sicherheit.

Die russischen Behörden sicherten den Angehörigen Schmerzensgeld zu - 1 Million Rubel (25 000 Euro) je Todesopfer, 400 000 Rubel für jeden Verletzten. Medwedew versprach bei der Kranzniederlegung an der Lubjanka, die Täter jagen und töten zu lassen.

Zuletzt hatte sich 2004 ein Selbstmordattentäter in der U-Bahn in Moskau in die Luft gesprengt und 41 Fahrgäste mit in den Tod gerissen. 250 Menschen wurden damals verletzt. Bei dem Täter handelte es sich damals um einen Untergrundkämpfer aus dem Nordkaukasus.

Im November vergangenen Jahres kamen bei einem Anschlag auf den Schnellzug „Newski Express“ zwischen Moskau und St. Petersburg 26 Menschen ums Leben. Etwa 100 weitere wurden verletzt. Tage später bekannten sich islamistische Extremisten zu der Tat und kündigten einen „Sabotagekrieg“ gegen die „blutige Besatzungspolitik“ Moskaus im Kaukasus an.

Experten in Moskau vermuten, dass es sich bei dem neuen Anschlag um einen Racheakt islamistischer Separatisten handeln könnte. Russische Sicherheitskräfte hatten in der Konfliktregion, in der auch das frühere Kriegsgebiet Tschetschenien liegt, zuletzt Dutzende Rebellen getötet. Die Islamisten kämpfen für ein von Moskau unabhängiges Kaukasus-Emirat.

Sicherheitsmaßnahmen im ganzen Land verschärft

Medwedew forderte, die Wachsamkeit überall im Land zu erhöhen. Offenbar seien die bisherigen Vorkehrungen unzureichend gewesen, sagte der Kremlchef weiter. Er wies den FSB und die übrigen Sicherheitskräfte an, keine Destabilisierung im Land zuzulassen. Die jüngsten Terrorakte seien genauestens geplant gewesen, um die Situation in der Gesellschaft aus dem Lot zu bringen.

Russland wird immer wieder von schweren Terroranschlägen erschüttert. Da die Bluttaten sich meistens im Nordkaukasus weit weg von der russischen Hauptstadt ereignen, nehmen viele Russen keine Notiz davon. Auch die russischen Medien berichten in aller Regel nur am Rande über die Konflikte in der Unruheregion. Die Islamisten hatten immer wieder angedroht, den Terror in das russische Kernland zu tragen, um sich Gehör zu verschaffen.