Hamburg. Die verheerenden Anschläge auf die Moskauer Metro sind blutige Symptome eines Konflikts zwischen Russen und Tschetschenen, der Hunderte von Jahren zurückreicht. Im Mittelalter war der Versuch der Georgier gescheitert, das Bergvolk der Tschetschenen zum Christentum zu bekehren - stattdessen breitete sich im 16. Jahrhundert der Islam im Kaukasus aus. Im 18. Jahrhundert befahl die deutschstämmige Zarin Katharina die Große die Eroberung des Nordkaukasus, doch die Bergvölker wehrten sich in Aufständen. Russische Strafexpeditionen und brutale Besatzungen lösten Emigrationswellen aus. 1921 wurden Tschetschenien und die anderen Nordkaukasus-Republiken Teil der Sowjetunion. Der sowjetische Diktator Josef Stalin ließ 1944 mehr als 400 000 Tschetschenen in Viehwaggons nach Kasachstan und Mittelasien deportieren, weil sie mit der deutschen Wehrmacht kollaboriert hätten. Zehntausende Menschen starben dabei.

Nachdem die Sowjetunion 1991 zerfallen war, erklärte der tschetschenische Präsident und General Dschochar Dudajew die Russische Sowjetrepublik Tschetschenien einseitig für unabhängig und leitete eine aggressive "Tschetschenisierung" ein - Hunderttausende flohen.

40 000 russische Soldaten marschierten daraufhin im November 1994 in Tschetschenien ein, um den Widerstand zu zerschlagen. Sie unterschätzten die Guerillafähigkeiten ihrer Gegner jedoch total, mussten sich 1996 zurückziehen und ein Friedensabkommen unterzeichnen. Die Frage der Unabhängigkeit sollte ab 2001 in Verhandlungen geklärt werden. Der rücksichtslosen Kriegsführung der Russen waren bis dahin Zehntausende Zivilisten zum Opfer gefallen.

Ab 1996 rissen radikalislamische Gruppen, unterstützt von arabischen Terrororganisationen, die Kontrolle in Tschetschenien an sich, zugleich machten sich kriminelle Clans breit.

Nach blutigen Überfällen radikalislamischer Milizen auf das Nachbarland Dagestan mit Hunderten Todesopfern marschierte die russische Armee am 1. Oktober 1999 ein zweites Mal ein und vertrieb die Islamisten aus der Hauptstadt Grosny in unzugängliche Bergregionen. Von dort aus verübten sie blutige Überfälle auf die Nachbarrepublik Inguschetien. 2001 startete Russland einen Vernichtungsfeldzug gegen die Terrorzellen und den anti-russischen Widerstand. Zu einem offenen Großkonflikt sind die Rebellen seitdem nicht mehr fähig, wohl aber immer wieder zu einzelnen spektakulären Terrorangriffen mit großen Opferzahlen. So starben im September 2004 bei einer Geiselnahme in einer Schule im nordossetischen Beslan 368 Menschen.

Seit 2007 regiert Präsident Ramsan Kadyrow in Tschetschenien. Er ist der Sohn des berüchtigten Kriegsherrn Ahmad Kadyrow, der 2003 von Wladimir Putin installiert, aber ein Jahr später ermordet wurde. Moskau deckt Kadyrows brutale Herrschaft - weil er pro-russisch ist.

Im Juli 2006 gelang es russischen Spezialagenten, den tschetschenischen Rebellenführer Schamil Bassajew zu töten - den Staatsfeind Nummer eins. Bassajew hatte sich gegen jede Versöhnung gesperrt und erklärt, der Tschetschenien-Krieg werde erst beendet sein "wenn Allahs Gesetz auch in Jerusalem gilt". Im April 2009 erklärte Russland den Krieg für beendet.