Anzeige wegen “Panikmache“. Jetzt suchen Helfer Verschüttete. Schreie aus den Trümmern: “Hört mich jemand?“ Bilder zu der Katastrophe.

Rom. Es sind gespenstische Szenen: Im Sonnenschein eines strahlenden Frühlingstages suchen Überlebende mit bloßen Händen nach verschütteten Angehörigen. Helfer klettern mit Suchhunden über die Schuttberge, um Eingeschlossene zu finden. Und manchmal hört man Schreie aus den Trümmern: "Hört mich jemand?"

Nach dem verheerenden Erdbeben von L'Aquila in den Abruzzen steht Italien unter Schock. Mindestens 150 Menschen sind ums Leben gekommen, 1500 wurden verletzt. Etwa 100 000 Menschen wurden obdachlos, 15 000 Häuser sind beschädigt. Und noch immer ist unklar, wie viele Menschen unter den Steinen begraben sein könnten.

Viele Italiener fragen: Hätten die schlimmsten Folgen der Naturkatastrophe verhindert werden können? Schon vor zwei Wochen hatte der Seismologe Giampaolo Giuliani für Ende März ein großes Erdbeben in der Region um L'Aquila vorhergesagt. Doch seine Methode der Bebenvorhersage - er prüft Austritte des Gases Radon aus Erdspalten - ist unter Wissenschaftlern höchst umstritten. Der Bürgermeister zeigte ihn wegen "Panikmache" an, Giuliani musste seine Warnung im Internet wieder löschen.

Das Beben der Stärke 6,3 überraschte die Menschen im Schlaf. Schon abends gegen 23 Uhr hatte sich die Erde leicht bewegt, doch die Bewohner im geologisch instabilen Mittelitalien dachten sich nichts dabei. Zu oft schon hatten sie solche Mini-Beben erlebt.

Doch dann, um 3.32 Uhr MESZ, die Katastrophe: Fast 30 Sekunden lang erschütterten gewaltige Erdstöße die Berggegend östlich von Rom - mit solcher Wucht, dass selbst moderne Betonbauten teilweise nicht standhalten konnten und einstürzten. "Es war wie eine Bombenexplosion", sagte ein Überlebender: "Dreißig Sekunden lang die Hölle."

In den Zentren von L'Aquila und den Nachbarorten zerfielen mehrstöckige Palazzi zu Staub, Kirchtürme knickten um, Autos versanken in riesigen Löchern, die sich plötzlich in der Erde auftaten. Selbst im 110 Kilometer entfernten Rom war das Beben zu spüren: Schäden gab es hier an den historischen Caracalla-Thermen. Premier Berlusconi rief den Notstand aus. Hilfsorganisationen berichten von dramatischen Zuständen. Ärzte müssen manche Patienten auf der Straße behandeln, weil auch Kliniken stark beschädigt wurden. Es fehlen Notbetten, Decken und Blutkonserven.