Die Straßen sind noch voller Trümmer, bei der Suche nach Verschütteten schwindet die Hoffnung, Überlebende zu finden. Inzwischen stieg die Zahl der Toten auf 279. Dennoch kehrte in l’Aquila ein bisschen Normalität ein: Die ersten Läden öffneten.

L'Aquila. Für die traumatisierte Bevölkerung der Provinzhauptstadt ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück ins normale Leben. Bäcker, Metzger, kleine Supermärkte und Apotheken hatten nach den Tagen des Schreckens wieder geöffnet. Eine Bäckerei verkaufte auch schon wieder regionale Osterspezialitäten. "Wir müssen die Tradition am Leben halten", sagte die 59-jährige Bäckerin Evelina Cruciani. "L'Aquila darf nicht sterben."

Rund 18 000 Menschen im Katastrophengebiet sind derzeit in Zeltstädten untergebracht. Im Bahnhof von l’Aquila wurden beheizte Eisenbahnschlafwagen für 700 Menschen bereitgestellt. 10 000 Obdachlose haben in Hotels an der Adriaküste vorläufig Unterschlupf gefunden.

Einsatzkräfte bargen am frühen Donnerstagmorgen in l'Aquila drei weitere Leichen aus einem eingestürzten Studentenwohnheim, in dem insgesamt sieben Studenten ums Leben kamen. Am Karfreitag wird Kardinal Tarcisio Bertone eine Trauermesse für die Opfer leiten. Dazu war eine Sondergenehmigung des Vatikans notwendig. Normalerweise feiert die römisch-katholische Kirche am Tag der Kreuzigung Jesu keine Messen. Papst Benedikt XVI. will das Erdbebengebiet erst nach Ostern besuchen. In einer Gründonnerstagsmesse im Vatikan segnete er Öle, von denen einige ins Katastrophengebiet geschickt werden sollen.

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano besuchte heute l’Aquila und das völlig zerstörte Dorf Onna, um sich ein Bild vom Ausmaß der Schäden zu machen. Die Regierung erhöhte die Mittel für die Nothilfe unterdessen auf 100 Millionen Euro. Ministerpräsident Silvio Berlusconi rechnet mit mehreren Milliarden Euro Wiederaufbaukosten. Besonders betroffen waren l'Aquila und 26 umliegende Ortschaften.