Die Truppen der USA und der Briten stehen kurz vor Bagdad - und damit vor dem ersten entscheidenden Wendepunkt dieses Krieges. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob der äußere Druck das Regime Saddam Husseins doch noch zum raschen Einsturz bringt - oder ob sich die Alliierten auf einen blutigen Häuserkampf oder eine langwierige Belagerung einstellen müssen. An der technologischen Überlegenheit von Amerikanern und Briten und an der Fähigkeit, auch für einen längeren Krieg Reserven zu mobilisieren, besteht kein Zweifel. Doch die Probleme der Alliierten sind nach der ersten Kriegswoche nicht zu übersehen: Da ist eine schwer zu kontrollierende Nachschubroute von fast 500 Kilometer Länge, bedroht von Guerillatrupps aus den nicht eingenommenen Städten des Südens. Da ist eine Bevölkerung, die, anders als erwartet, feindselig bleibt, weil ihnen ihre arabische Identität anscheinend wichtiger ist, als vom Tyrannen in Bagdad befreit zu werden. Statt der geplanten Nordfront gibt es ein handfestes Nord-Problem mit der Türkei und den misstrauischen Kurden. Kommt es jetzt noch zu einem verlustreichen Gemetzel in den Straßen von Bagdad oder zu einer Belagerung, bei der unvermeidlich die Leiden der Zivilbevölkerung steigen, werden die Proteste gegen den international ohnehin gänzlich unbeliebten Krieg ebenso enorm anschwellen wie die Kosten der Operation. US-Präsident Bush und sein Verbündeter in London stehen somit vor schweren Tagen. Egal, wie schwierig die militärische Situation sich gestalten mag, einen Rückzug können sie sich politisch nicht leisten. Sie stünden sonst blamiert vor der Welt, in der Heimat vor dem Aus - und, was das Schlimmste wäre, der Schlächter Saddam hätte einen Triumph, den ihm selbst eingefleischte Kritiker der anglo-amerikanischen Politik nicht wünschen können.