Keine Kriegsbeteiligung der Türkei, aber die Vorbereitungen zum Einmarsch laufen.

Ankara. Trotz einer deutlichen Warnung aus Washington behält sich die Türkei offenbar einen Einmarsch in den Nordirak vor. Die Türkei versicherte gestern zwar den NATO-Partnern, sie werde nicht zur Kriegspartei, wie aus Kreisen der Allianz verlautete. Dennoch erörterte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit dem Befehlshaber der Streitkräfte, General Hilmi Özkök, eine mögliche Truppenentsendung nach Nordirak. Özkök sagte, die Streitkräfte hätten Vorbereitungen getroffen. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen sei, würden diese umgesetzt. Der US-Gesandte Zalmay Khalilzad erörterte das Thema mit Vertretern des türkischen Außenministeriums und der Streitkräfte. Es gab jedoch keine Einigung. Ein weiteres Treffen ist für heute geplant. Die Zeitung "Zaman" berichtete, Washington habe Bedingungen für einen türkischen Einmarsch in der Irak gestellt. Dieser müsse zeitlich begrenzt sein und dürfe nur eine bestimmte Anzahl von Soldaten umfassen, hieß es. Nach einer Sitzung des Kabinetts erklärte der türkische Regierungssprecher Cemil Cicek, die Türkei habe bereits Truppen in Nordirak. Diese sollten dort bleiben, weil man sich um die humanitäre Lage sorge und Terroristen Einhalt gebieten wolle. Am Sonntagabend hatte Erdogan in einer Fernsehansprache erklärt, Ankara und Washington seien sich darin einig, ein Auseinanderbrechen Iraks zu verhindern. Ziel einer möglichen Truppenentsendung sei es, einen Flüchtlingsstrom über die Grenze zu stoppen und gegen die Sicherheit der Türkei gerichtete "Provokationen" zu verhindern. Dies habe Ankara den USA und "anderen interessierten Ländern" mitgeteilt und sei dort "auf Verständnis gestoßen", erläuterte Regierungssprecher Cicek. "Wenn die Türkei im Nordirak präsent ist und präsent sein wird, geschieht dies aus humanitären Erwägungen und aus Sorge vor Terror." Der Regierungssprecher kritisierte, dass die Türkei im Golfkrieg 1991 mit mehr als 500 000 Flüchtlingen aus dem Irak alleingelassen worden sei. Außerdem habe die Türkei in der Folgezeit eine "große Terrorwelle" erlebt, sagte er mit Blick auf den langjährigen Guerillakrieg der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Im jetzigen Krieg würden "fünf, zehn Tote" alle Welt aufrütteln. "Wir haben mehr als 30 000 Landessöhne dem Terror geopfert." US-Präsident George W. Bush bekräftigte dennoch seine Haltung, dass sich die Türkei aus Irak heraushalten solle. Auch die EU-Kommission warnte, dass ein Einmarsch in Irak zu "zusätzlichen Komplikationen" auf dem türkischen Weg in die EU führen würde. Die Staats- und Regierungschefs der EU hätten beim Gipfel vergangene Woche ein klares Signal für die Türkei und die anderen Nachbarstaaten gegeben, sagte ein Sprecher der Behörde gestern in Brüssel. Alle Länder in der Region seien demnach aufgerufen, keine Aktionen zu unternehmen, "durch die die Instabilität noch erhöht werden könnte".