“Scud“-Einschläge versetzten die Menschen in Panik. Viele wollten das Land verlassen.

Bagdad/Washington{/. Auch andere Länder protestierten gegen den Angriff. China, Schweden und der Iran sprachen von einem Verstoß gegen internationales Recht. Das Außenministerium in Peking sprach von einer "Umgehung des UNO-Sicherheitsrates und Missachtung des Widerstandes der Weltgemeinschaft". Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac sagte, er bedauere die Aktion, die nicht die Zustimmung der Vereinten Nationen habe. Er befürchte schwer wiegende Folgen. Dies galt gestern Nachmittag vor allem für die Kuwaitis. Im Nachbarland des Irak löste der Raketenangriff Angst vor einem Chemiewaffen-Angriff aus und führte zu einer ganzen Reihe von Noterlassen. Unter den Einwohnern von Kuwait-City kam es zu panikartigen Szenen. Viele Menschen legten Gasmasken an. Zahlreiche Kuwaiter versuchten aus Angst vor weiteren Angriffen, das Land zu verlassen. Das Fernsehen unterbrach sein Programm und rief die Menschen auf, angesichts der "sehr gefährlichen Situation" zu Hause zu bleiben. Soldaten patrouillierten auf Straßen. Auch das Befahren der Wasserstraßen wurde von der Regierung untersagt. Nach den Einschlägen waren die Straßen wie leer gefegt. In den wenigen Geschäften, die noch geöffnet hatten, versuchten die Anwohner noch Gasmasken und Schutzvorkehrungen für ihre Wohnungen zu bekommen. Am frühen Abend heulten erneut 13 Minuten lang die Sirenen. Zum Schutz vor möglichen Angriffen mit Chemie- oder Biowaffen hat auch die Türkei zusätzliches Material von ihren Bündnispartnern in der NATO angefordert. Die Regierung in Ankara orderte 10 000 Pocken-Impfeinheiten aus Dänemark und weitere 1500 aus Ungarn. Von Norwegen wurden Schutzvorräte im Wert von 650 000 Euro erbeten, Kanada sollte 150 000 Impfeinheiten gegen Milzbrand bereitstellen. In Frankreich gab es gestern Abend Aufregung wegen eines Giftfundes. In zwei Flaschen, die bereits am Montag in einem Schließfach am Pariser Bahnhof Gare du Lyon sichergestellt worden waren, fanden sich Spuren des hochgiftigen Recin. Woher das Gift stammt und wer es in dem Schließfach deponiert hat, ist noch nicht klar. Die NATO den militärischen Schutz der Türkei wegen der Angriffe auf den Irak verstärkt. Angesichts der Ereignisse in der Nacht seien die Einsatzbefehle angepasst worden, sagte Generalsekretär George Robertson. Die Türkei hatte zuvor die von den USA lang erwarteten Überflugrechte genehmigt und behält sich obendrein vor, mit eigenen Truppen in die Kurdengebiete im Norden des Irak einzumarschieren. Die zweite Front im Norden wurde allerdings gestern noch nicht eröffnet. Im Süden, meldeten britische Medien, sei gestern Abend die Grenzstadt Umm Kasr eingenommen worden. Auch hätten sich mehrere irakische Soldaten den britischen und amerikanischen Truppen ergeben. Ein Reporter des US-Fernsehsenders CBS berichtete, die irakischen Soldaten hätten ein Minenfeld angelegt, als sie von den US-Truppen gestellt worden seien. Nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes kam am ersten Kriegstag im Irak mindestens ein Mensch ums Leben und 14 wurden zum Teil schwer verletzt. Der Irak meldete vier tote Soldaten. Eine große Fluchtbewegung aus Bagdad setzte trotz des Beginns der Offensive ebenso wenig ein wie bei der Landbevölkerung. Ein Sprecher des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) an der Grenze zwischen Irak und Jordanien sagte im Fernsehsender CNN: "Noch ist hier alles sehr ruhig. Doch wir sind auf alles vorbereitet."