Kommentar

Mit einer bisher nicht gekannten Mischung aus Sorge, Furcht und distanzierter Erwartung des Unvermeidlichen haben viele Menschen den Augenblick erlebt, der nun schon hinter uns liegt: Die ersten Angriffe sind geflogen, Raketen schlugen ein, der "Irak-Krieg" ist in vollem Gange. Wer sich erinnern kann, weiß, dass in Kriegen nichts, rein gar nichts vorhersehbar ist. Und so war der Auftakt dieses Mal - anders als angenommen - kein Flächenbrand, sondern ein gezieltes Vorgehen. Die Ziele waren Saddam und die Nervenknoten seiner Führungsstruktur. Beinahe gleichzeitig wurden vermutete Stellungen des Terror-Netzwerks in Afghanistan unter Feuer genommen. Deutlich wurde bei den Angriffen bis zum gestrigen späten Abend, dass nicht die Menschen des Irak das Ziel sein sollen. Begonnen hat die Auseinandersetzung demnach als Kampf gegen jenen Saddam, der Selbstmord-Attentäter belohnt, indem er ihren Hinterbliebenen Tausende von Dollar verspricht. Eines ist gewiss: Schlussfolgerungen stehen zu diesem Zeitpunkt im Angesicht der Eigenart dieses Krieges auf wackligen Füßen. Auch aus dieser Unsicherheit heraus wünschen sich so viele, dass der Krieg schnell wieder zu Ende geht. Was wissen wir denn wirklich? Jede Nachricht, die von der einen oder anderen Seite kommt, ist gefärbt. Die Wahrheit wird dem Zweck des Siegens unterjocht, also seien wir, die diese Nachrichten verbreiten, und wir, die sie aufnehmen, vorsichtig. Wir wissen nur, dass eine hoch technisierte Streitmacht von 280 000 Mann angetreten ist, einen einzelnen Mann und seine Führungskader zu jagen. Die größte und gefährlichste Fahndungsaktion der Geschichte wird von einem Bombardement begleitet werden, dessen Ausmaße bisher Bekanntes übersteigt. Die Chefs der großen Streitmacht glauben, dass ohne Saddam auch sein Regime und damit der Gegner zusammenbricht. Wenn sie Recht behalten und konsequent ihren Weg weitergehen, wäre dies ein Abschied von einem Kriegsbild, wie wir es alle in den Köpfen haben. Am Tag nach dem ersten Schuss ließ sich in Deutschland eine überraschend klare Trennlinie ausmachen. Weit weg von uns nahm der Krieg mit scheinbar kühl kalkulierter Ratio seinen Lauf. Und hier bei uns, im Bundestag und in den Institutionen, die sich zu Wort melden, herrschte überragend organisierte Emotion vor. Kalter Sachverstand gegen Betroffenheit? Nein, diese Übersetzung der beiden Begriffe ginge zu weit. Es soll hier nur bei der Beobachtung bleiben. Für Überspitzungen wäre dies wirklich die falsche Zeit. Denn niemand weiß, was die nächsten Tage bringen. Unsere Autoren erreichen Sie unter : meinung@abendblatt.de