Terrornetzwerk bestätigt Tod Osama Bin Ladens. BND-Präsident warnt vor Racheakten. Die Botschaft Al-Qaidas im gekürzten Wortlaut.

Hamburg/Berlin. Knapp fünf Tage nach der amerikanischen Kommandoaktion in Pakistan hat das Terrornetzwerk Al-Qaida am Freitag den Tod seines Anführers Osama Bin Laden bestätigt. In einer Erklärung, die in mehreren islamistischen Internet-Foren auftauchte, wird Bin Laden als Märtyrer gefeiert und gleichzeitig mit neuen Angriffen gegen die USA gedroht. An das pakistanische Volk ergeht der Aufruf, "sich zu erheben und zu revoltieren", zitieren US-Medien aus der Botschaft.

"Du bist als Märtyrer gestorben", heißt es in dem Text. Bin Ladens Tod werde als "Fluch" dienen, "der die Amerikaner und ihre Agenten verfolgt, innerhalb und außerhalb ihrer Länder". Und weiter: "Bald, mit der Hilfe von Allah, wird ihr Glück sich in Trauer umwandeln, und ihr Blut wird sich mit ihren Tränen mischen." Al-Qaida kündigt an, dass es den "Heiligen Krieg" fortsetzen wird, die Amerikaner würden sich "niemals der Sicherheit erfreuen".

Die US-Elitesoldaten der Navy SEALs hatten bei der Tötung Bin Ladens in einem Anwesen in der Stadt Abbottabad fünf Computer, zehn Festplatten sowie Dutzende CD-Roms und USB-Sticks gefunden. Bereits nach einer ersten Auswertung stießen die US-Fahnder auf Pläne des Terrornetzwerks, amerikanische Züge entgleisen und von Brücken in Täler stürzen zu lassen. Diese Anschläge waren zwar noch nicht detailliert geplant, sollten aber offenbar zum 10. Jahrestag der Terrorakte vom 11. September 2001 ausgeführt werden.

Noch bevor Al-Qaida die Erklärung zum Tod Bin Ladens verbreitete, hatte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, gewarnt, fanatische Einzeltäter könnten nun Rache nehmen wollen. "Wir müssen derzeit besonders auf Einzeltäter achten, die nicht aus fest strukturierten Zusammenhängen kommen, sondern mit Bestrafungsaktionen ihren Beitrag zum Dschihad leisten wollen", sagte Uhrlau, ehemals Leiter des Amts für Verfassungsschutz sowie Polizeipräsident in Hamburg, dem "Spiegel".

Der Terrorexperte verwies auf den Frankfurter Islamisten Arid U., der Anfang März zwei US-Soldaten auf dem Frankfurter Flughafen erschossen hatte. Solche Täter seien "mindestens eine so große Gefahr wie organisierte Anschläge von Al-Qaida selber". Uhrlau befürchtet, dass "wir noch eine lange Zeit mit diesen beiden Arten von Terrorismus zu kämpfen haben - auch in Deutschland". Am Freitag wurde der ICE Berlin-Interlaken (Schweiz) in Freiburg gestoppt, weil im Bordbistro eine CD-Rom mit der Aufschrift "Allah wird uns alle töten" gefunden worden war. Die Passagiere mussten auf andere Züge umsteigen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte am Freitag, die Sicherheitsbehörden seien der Ende April ausgehobenen Düsseldorfer Terrorzelle durch die Auswertung von Passagierdaten auf die Spur gekommen. "Von amerikanischer Seite sind wir unter anderem auf das auffällige und ungewöhnliche Reiseverhalten der Verdächtigen hingewiesen worden", sagte Friedrich der "Rheinischen Post".

Die drei Männer sollen einen Bombenanschlag auf den öffentlichen Nahverkehr in einer deutschen Großstadt - möglicherweise Düsseldorf - geplant haben. Die Bundesanwaltschaft hatte die Verdächtigen nach längerer Beobachtung festnehmen lassen. Offenbar waren sie von einem hochrangigen Al-Qaida-Mitglied für den Anschlag angeworben worden, planten diesen seit Dezember 2010 und suchten bereits nach Wegen, sich Chemikalien für den Bombenbau zu beschaffen.

Friedrich sagte, die Flugpassagierdaten seien "ein wichtiges Element für diesen Fahndungserfolg" gewesen. Der Minister betonte: "Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die Hinweise der Nachrichtendienste nicht zufällig zustande kommen, sondern auf der systematischen Auswertung rechtsstaatlicher Fahndungsmöglichkeiten beruhen." Die US-Behörden erhalten seit 2003 Namen und andere Details von Fluggästen, die zwischen der EU und anderen Staaten verkehren. Datenschützer kritisieren dies.

Die Botschaft der Al-Qaida im gekürzten Wortlaut

"Glückwünsche an die islamische Nation für die Märtyrerschaft ihres guten Sohnes Osama, nach einem Leben voll von Anstrengungen und Arbeit, Entschlossenheit und Geduld, Ansporn und heiligem Kampf, Großzügigkeit und Freigebigkeit, Emigration und Reisen, Rat und guter Vorbereitung, Weisheit und Erfahrung..."

"Dass die Amerikaner dazu fähig waren, Osama zu töten, ist nicht beschämend für uns. Wo sonst sterben Männer und Helden außer auf dem Schlachtfeld? Jedes Ende ist vorherbestimmt. Aber können die Amerikaner mit ihren Medien, Agenten, Maschinerie, Soldaten, Geheimdienst und Ausrüstung töten, wofür Scheich Osama lebte und kämpfte? Niemals, niemals. Scheich Osama Hat keine Organisation aufgebaut, die mit seinem Tod stirbt und mit seinem Gehen verschwindet..."

"Die Nation, die Osama die Geburt schenkte, ist eine fruchtbare Nation. Viele weitere Menschen und Helden wie er werden kommen, die Spaß am Opfer haben und Geduld süß finden werden, die das Leben ihrer Feinde bitter machen und ihnen die Türen zur Hölle öffnen oder sie an Fußfesseln in den Himmel schicken werden..."

"Wir versichern, dass das Blut des Mujaheddin (Heiliger Kämpfer, Anm. d. Red.), möge Allah sich gnädig gegenüber ihm zeigen, für uns und jeden Muslim zu kostbar ist, um vergebens verschwendet zu werden. Und es wird weiterhin einen Fluch geben, mit Erlaubnis Allahs des Allmächtigen, der die Amerikaner und ihre Agenten verfolgt, der ihnen nachjagt, außerhalb und innerhalb ihrer Länder, und bald, mit Hilfe von Allah, wird ihr Glück sich in Trauer verwandeln und ihr Blut wird sich mit ihren Tränen mischen, und wir werden Scheich Osamas Schwur verwirklichen: Amerika, und jene die in Amerika leben, werden sich niemals der Sicherheit erfreuen bis unser Volk in Palästina es tut. Die Soldaten des Islam, zusammen oder als Individuen, werden fortfahren, unermüdlich zu schikanieren ohne Verzweiflung...bis sie von Katastrophen geschlagen sind, die das Haar von Kindern weiß werden lässt."

"Der Scheich hat es abgelehnt, aus dieser Welt zu scheiden, ohne die Freude der Islamischen Nation über ihre Revolutionen im Angesicht der Unterdrücker zu teilen. Eine Woche vor seiner Tötung nahm er eine Sprachnachricht mit Glückwünschen und Anweisungen auf, die wir bald veröffentlichen werden, so Allah will."

"Wir warnen die Amerikaner davor, dem Leichnam des Scheichs Leid anzutun oder ihn auszustellen oder vor jeglicher Art der unsittlichen Behandlung irgendeines Mitglieds seiner Familie, ob lebendig oder tot und (wir ermahnen sie) alle Leichname ihren Familien zu überführen. Jede Fehlbehandlung wird zahlreiche Türen des Bösen gegen euch öffnen, und ihr sollt niemand anderen beschuldigen als euch selbst. Wir appellieren an alle Muslime, ihre Pflicht zu erfüllen, um die Wahrheit durchzusetzen.

(br/reuters)