Zum Auftakt seiner viertägigen Portugalreise äußerte sich der Papst mit deutlichen Worten zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche.

Lissabon. Der Papst hat zum Auftakt eines viertägigen Portugal-Besuchs die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche mit deutlichen Worten angeprangert und Buße gefordert. „Der größte Angriff auf die Kirche kommt heute aus dem Innern der Kirche selbst – durch die Sünde“, sagte der Papst auf dem Flug von Rom nach Lissabon. „Heute sehen wir das in einer wirklich erschreckenden Weise“, betonte er.

Benedikt antwortete im Flugzeug auf Fragen von Journalisten zu den Missbrauchsskandalen vor allem in Irland und Deutschland, die seit Monaten die katholische Kirche schwer belasten. Die Kirche müsse durch „Sühne, Gebet, Akzeptanz und auch Vergebung“ einen Weg aus den Skandalen finden. Aber: „Die Vergebung ersetzt nicht die notwendige Gerechtigkeit“, sagte der Papst weiter.

Das Flugzeug des Papstes landete um 10.57 Ortszeit (11.57 MESZ) auf dem Militärflughafen Figo Maduro in Lissabon. Benedikt wurde von Portugals Präsident Anibal Cavaco Silva sowie von Ministerpräsident José Sócrates und den Spitzen der portugiesischen Kirche empfangen. Eine „Botschaft der Hoffnung“ sei in „diesen Zeiten der Ungewissheit“ nötig, sagte Cavaco Silva in seiner Begrüßungsrede in Anspielung auf die schwere Wirtschaftskrise in Portugal.

Benedikt sagte, sein Portugal-Besuch stehe im Zeichen der Hoffnung, er komme als Pilger auf dem Weg zur Marienwallfahrtstätte Fátima und wolle die Gläubigen stärken. Die katholische Kirche sei offen und bereit, mit all denen zusammenzuarbeiten, die den wesentlichen Sinn des menschlichen Lebens nicht an den gesellschaftlichen Rand oder ins Private abdrängen wollten. „Aus einer weisen Lebens- und Weltsicht erwächst die gerechte Gesellschaftsordnung“, erklärte das Kirchenoberhaupt.

Auf dem Flug nach Lissabon hatte Benedikt auch die Finanz- und Wirtschaftskrise angesprochen und eine „globale Verantwortung“ zur Bewältigung der Probleme gefordert. Nach Ansicht des Papstes schafft ein rein pragmatisch ausgerichtetes Wirtschaftssystem ohne ethische Verankerung „unlösbare Probleme“.

Der Besuch Benedikts, der fünfte eines Papstes im ärmsten Land Westeuropas, läuft unter bislang dort nie gesehenen Sicherheitsvorkehrungen ab. Tausende Menschen säumten die Straßen und jubelten, als der Papst im „Papamobil“ zunächst zur Nuntiantur und am frühen Nachmittag zum Präsidentenpalast fuhr. Medien sprachen jedoch von einer zunächst „eher geringen Präsenz“ der Portugiesen.

Im Mittelpunkt der 15. Auslandsreise von Benedikt steht der Besuch in Fátima. Der Wallfahrtsort etwa 120 Kilometer nördlich von Lissabon zählt neben Lourdes in Frankreich und Santiago de Compostela in Spanien zu den bekanntesten katholischen Pilgerstätten Europas. Dort will der Papst am Donnerstag an den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Marienerscheinung von 1917 teilnehmen.

Am Dienstagabend (gegen 19.30 MESZ) wollte der Papst auf dem Platz Terreiro do Paço am Tejo-Fluss im Zentrum von Lissabon eine Messe feiern. Zu dem Gottesdienst wurden zwischen 150 000 und 200 000 Menschen erwartet. Nach Fátima besucht Benedikt zum Abschluss seines Aufenthalts auch die nordportugiesische Stadt Porto. Der Papst hat in diesem Jahr neben Portugal noch drei weitere Auslandsreisen geplant: nach Zypern, Großbritannien und Spanien. Er wird am Freitagabend in Rom zurückerwartet.