Der Augsburger Bischof Walter Mixa ist abgesetzt, führende Katholiken atmen auf. Doch nun droht der katholischen Kirche neues Ungemach.

Augsburg/Rom/Hamburg. Führende Katholiken haben erleichtert auf die schnelle Absetzung des Augsburger Bischofs Walter Mixa reagiert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, begrüßte die zügige Entscheidung des Papstes. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, erklärte der Schritt beende eine Zeit der Unsicherheit im Bistum Augsburg. Papst Benedikt XVI. hatte am Samstag den Rücktritt Mixas angenommen, den der Geistliche Rom am 21. April angeboten hatte – nach wochenlanger Kritik und Gewaltvorwürfen früherer Heimkinder.

Bereits am Freitag war bekanntgeworden, dass die Staatsanwaltschaft Ingolstadt Vorermittlungen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch gegen den 69-Jährigen eingeleitet hat. Der Papst soll von den neuen Vorwürfen gewusst haben, bevor er seine erwartete Entscheidung traf. Nach Medienberichten soll es sich dabei um einen Missbrauchsfall aus Mixas Zeit als Eichstätter Bischof zwischen 1996 bis 2005 handeln. Damit steht erstmals in Deutschland ein katholischer Bischof unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs. Mixa in Schweizer Klinik

Der Geistliche ließdie Vorwürfe über einen Augsburger Anwalt als unzutreffend zurückweisen und erklärte sich zur Zusammenarbeit mit den Ermittlern bereit. Der 69-Jährige hat sich in ein Schweizer Krankenhaus zurückgezogen. Dort wolle er noch zwei Wochen bleiben, um sich untersuchen und wegen „Problemen mit den Schleimbeuteln am Knie“ operieren zu lassen, sagte Mixa der „Bild am Sonntag“.

Nach Informationen aus Kirchenkreisen ist der 69-Jährige wegen eines angeblichen Alkoholproblems in Behandlung. Zum Entlassungsschreiben des Papstes sagte der abgelöste Bischof dem Blatt: „Ich habe die Nachricht gefasst aufgenommen. Den Brief habe ich trotzdem als herzlich und freundlich aufgenommen.“Der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann erhob schwere Vorwürfe gegen Mixa. Es gebe leider immer wieder Menschen, die ihren Aufgaben in der Kirche nicht genügten. „Es bleibt eine erhebliche Verletzung des Vertrauens“, sagte er dem ZDF-„heute journal“. Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ zeigte sich von der Papst-Entscheidung erleichtert. Grünwald leitet Bistum vorläufig

Mixa bleibt formell geweihter Bischof auf Lebenszeit, hat aber keine Diözese mehr und ist auch nicht länger Militärbischof der Bundeswehr. Weihbischof Josef Grünwald wird das Augsburger Bistum vorläufig leiten. Erfahrungsgemäß dauert es rund zwölf Monate bis zur Ernennung eines neuen Bischofs. Der 73-Jährige will einen „Weg der inneren Heilung und des Neuanfangs“ beginnen. Die Ereignisse um den zurückgetretenen Bischof Walter Mixa hätten die Diözese zutiefst belastet und gespalten, schrieb Grünwald in einem offenen Brief an die Mitarbeiter der Diözese Augsburg.

Benedikt verwies bei der Annahme des Rücktrittsgesuchs auf einen Paragrafen des kanonischen Rechts, der den Ruhestand eines Geistlichen wegen Krankheit oder „anderer schwerwiegender Gründe“ vorsieht. Ein Bischof kann seinen Rücktritt nur anbieten, der Papst muss dem Schritt zustimmen.Das Kirchenoberhaupt hatte am 29. April mit DBK-Chef Zollitsch im Vatikan über den Fall Mixa beraten. Dann handelte Benedikt vergleichsweise rasch – in der Vertuschungsaffäre des irischen Missbrauchsskandals dauerte es teilweise Monate, bis der Papst Rücktrittsgesuche annahm. Zollitsch: Wir brauchen Neuanfang

Zollitsch sagte, die Entscheidung gebe allen Beteiligten die Chance zum Neubeginn: „Einen Neuanfang, den wir dringend brauchen.“ Die Vorgänge der jüngsten Zeit hätten das Bistum Augsburg und auch die katholische Kirche in Deutschland sehr belastet. „Der Verlust der Glaubwürdigkeit wiegt schwer“, sagte der Erzbischof. „Wir wollen den Weg der inneren Heilung, Beruhigung und des Neuanfangs gehen“, erklärte Zollitsch weiter, der sich auf eine schriftlich vorbereitete Erklärung stützte und keine Fragen beantwortete.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“, die neuen Vorwürfe gegen Mixa müssten „schonungslos aufgeklärt“ werden. Gefragt zu dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche antwortete Schick: „Es ist richtig, dass nun alles herauskommt. (...) Überall, wo etwas unter der Decke gehalten wird, wird alles nur noch schlimmer.“ Über das Thema Zölibat müsse diskutiert werden. Es gehöre zur Kirche. „Ich meine, Bischöfe, Ordensleute und Domkapitulare müssen es leben. Ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, ist eine andere Frage.“