Berlin. . Planungssicherheit bei der Wärmewende ist das Ziel des zweiten Heizgesetzes. Der Aufwand kommt vor allem auf die Kommunen zu - oder?

Gerade ist der Streit um das als Heizungsgesetz bekannt gewordene Gebäudeenergiegesetz innerhalb der Ampel-Koalition eskaliert, da kommt bereits die nächste Regelung auf den Kabinettstisch, das Millionen Haushalte betreffen wird: Die Kommunen sollen verpflichtet werden, Wärmepläne zu erarbeiten – und die Energieverbräuche für jedes Haus sollen offengelegt werden. Antworten auf die wichtigsten Fragen. Lesen Sie auch: Heiz-Kataster geplant: Was auf Verbraucher zukommt

Was hat es mit dem neuen Gesetz auf sich?

Das „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ soll die Kommunen verpflichten, verbindliche Ziele für ihre Wärmeplanung vorzulegen. Denn viele Verbraucher könnten bald vor einem Dilemma stehen: Viele wissen nicht, ob und wann ihre Gemeinde oder Stadt zum Beispiel ein Nah- oder Fernwärmenetz errichten will. Das aber kann auf die Auswahl einer neuen Heizung eine große Auswirkung haben. Wer damit planen kann, dass beispielsweise in zwei Jahren das Eigenheim an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden kann, trifft bei der Abwägung, ob er die kaputtgegangene Gasheizung noch einmal reparieren lässt oder sich eine Wärmepumpe zulegt, womöglich eine andere Entscheidung als ohne Planung – zumal manche Gemeinden die Nutzung der Fernwärme verpflichtend vorschreiben.

„Der Wunsch in der Bevölkerung, hier schnell mehr Planungssicherheit zu haben, ist groß und steigt insbesondere mit Blick auf die Anforderungen, die mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) geschaffen werden, in den nächsten Jahren weiter an“, sagte eine Sprecherin des Bundesbauministeriums, das die Federführung über das Gesetzesvorhaben übernommen hat.

Bis wann müssen die Pläne erstellt sein?

Laut eines ersten Referentenentwurfs des Gesetzes, der unserer Redaktion vorliegt, sollen die 80 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern bis Ende 2026 einen Wärmeplan erstellt haben. Gemeinden, in denen zwischen 10.000 und 100.000 Einwohner leben – Ende 2021 waren das bundesweit 1522 Gemeinden – haben zwei Jahre mehr Zeit, müssen also Ende 2028 einen verbindlichen Plan erstellt haben. Kleinere Gemeinden werden nicht verpflichtet.

Was regelt das Gesetz noch?

Zwei Ziele will Bauministerin Klara Geywitz (SPD) verfolgen. Zum einen will die Ampel-Koalition, dass die Länder und Kommunen erstmal Klarheit darüber erlangen, wie die Gegebenheiten vor Ort sind. Sprich: Mit welchen Heizungen wird überhaupt geheizt, wie hoch ist der Energieverbrauch im Jahr, wie alt sind die Gebäude? Auch zu den bereits verfügbaren Wärme-, Gas-, Strom- und Abwassernetzen sollen die Kommunen Informationen zusammentragen. In einem zweiten Schritt sollen dann Potenziale ermittelt werden: Eignet sich der Grund und Boden für Bohrungen, um beispielsweise Geothermie einzusetzen? Kann anfallende Wärme von Kläranlagen ins Wärmenetz eingespeist werden? Können Biomassekraftheizwerke gebaut werden? Anhand der möglichen Potenziale sollen sich die Kommunen dann Wärmepläne erarbeiten – und Verbraucher Klarheit erlangen, ob sie ihr Haus perspektivisch dezentral etwa mit einer Wärmepumpe beheizen oder ob sie zentral an ein Wärmenetz angeschlossen werden. Auch interessant: Heizung: Zehntausende Euro Strafen für verpasste Inspektion

Müssen Eigentümer und Mieter jetzt ihre Energieverbräuche melden?

Das Bundesbauministerium verneint das auf Anfrage. Die Daten sollen bei den Betreibern der Energieinfrastrukturen – zum Beispiel den Stadtwerken – erhoben werden. Gebäudeeigentümern sollen demnach keine rechtlichen Pflichten entstehen. Lesen Sie auch: Für diese Verbraucher wird die Austauschpflicht zum Desaster

Was wird das Vorhaben kosten?

Da die Verbraucher nach aktuellem Stand nicht selbst tätig werden müssen, sollen auf sie auch keine Kosten zukommen. Anders sieht das für die Verwaltung aus. Das Aufstellen der Wärmepläne werde sie rund 167 Millionen Euro kostet, kalkuliert das Bauministerium. Da die Pläne regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen, würden vom Jahr 2029 an regelmäßig Kosten von 20 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Auch auf die Wirtschaft kommen Kosten zu, denn die Daten sollen beispielsweise von Energieversorgern, Industrieunternehmen und den Schornsteinfegern zusammengetragen werden. Einmalig werde das 28 Millionen Euro kosten. Deutlich teurer wird es, wenn damit begonnen wird, die Netze auch umzustellen – bis 2030 soll mindestens die Hälfte der Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme kommen. Entsprechende Planungen und Umbaumaßnahmen würden jährlich 909 Millionen Euro kosten, heißt es in dem Referentenentwurf.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Gemischt. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der unter anderem die Stadtwerke vertritt, begrüßte den Vorstoß. Eine Wärmeplanung schaffe Freiraum für lokale Lösungen, die am besten geeignet und am kostengünstigsten für die Bürger seien, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Auch Kai H. Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund, bezeichnete die Wärmeplanung als richtigen Schritt, warnte zugleich allerdings, dass das Gesetz „zum Bürokratie-Monster mit Ausforschungscharakter“ werden könnte.

Es sei nicht nötig, die Verbräuche und Heiztechnik der Gebäude zu ermitteln, sagte Warnecke unserer Redaktion. „Dies diene „allein der Ausforschung der Bürgerinnen und Bürger oder der Durchsetzung eines späteren Anschlusszwanges an ein Wärmenetz“, so der Verbandschef. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW bezeichnete Anschluss- und Benutzungszwänge von Wärmenetzen als nicht vertretbar, solange keine angemessenen Preise garantiert seien. Lesen Sie auch: Umstrittenes Heizungsgesetz: Diese Woche nicht im Bundestag

Der Deutsche Landkreistag hat mit Kritik auf die Gesetzesvorhaben der Ampel-Koalition zum Gebäudeenergiegesetz und zur Wärmeplanung reagiert. „Um die kommunale Wärmeversorgung überhaupt umsetzen zu können, brauchen wir echte Technologieoffenheit“, sagte Rainhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, unserer Redaktion. Er warnte die Ampel-Koalition davor, ihre Kompetenzen zu überschreiten: „Soweit der Bund zudem die Kommunen in die Pflicht nehmen will, verbietet dies das Grundgesetz.“ Dies könnten ausschließlich die Länder. Bei der Umsetzung der Wärmeplanung sollten die Kommunen genügend Spielraum haben, forderte der CDU-Politiker und Landrat des Kreises Ostholstein ein. „Insofern darf der Bund keine starren Vorgaben machen.“

Die Wärmeplanung hätte zudem vor dem Gebäudeenergiegesetz vorliegen müssen, kritisierte Sager. Mit dem umstrittenen Heizungsgesetz ging der Präsident des Landkreistages hart ins Gericht: „Die Fristen für die Umsetzung sind deutlich zu knapp bemessen, die Umsetzung ist allein wegen des Fehlens von Handwerkern und alternativer geeigneter Heizungssysteme nicht auf die Schnelle zu bewältigen.“ Er forderte, dass auch Pelletheizungen weiter möglich sein sollten.