Berlin. Finanzminister Lindner hat angekündigt, dass E-Fuels günstiger besteuert werden sollen als andere Kraftstoffe. Er bekommt Gegenwind.

Die FDP legt nach: Mit der Einigung auf eine Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren in der Europäischen Union auch nach 2035 schien der Streit zwischen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und der EU-Kommission beigelegt. Doch da die klimaschonenden Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels – voraussichtlich teuer werden, kündigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) jetzt an, er wolle die Besteuerung von Kraftfahrzeugen reformieren.

Die Nutzung von E-Fuels soll geringer besteuert werden als die von Benzin oder Diesel. „Wenn der Kraftstoff klimafreundlich ist, dann muss die Besteuerung von der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Energiesteuer angepasst werden“, sagte der FDP-Vorsitzende. Das Finanzministerium werde dazu ein Konzept vorlegen. Grund für Lindners Engagement ist, dass auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrennungsmotor in der EU zugelassen werden, wenn sie mit klimaneutralem Kraftstoff betankt werden.

Widerstand gegen neue Steuer-Pläne der FDP

Die Grünen wollen von einer Extrawurst für E-Fuel-Nutzer erst einmal nichts wissen. Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar appellierte stattdessen an Lindner, Zusagen zum Klimaschutz einzuhalten. „Die zugesagten Gesetzesentwürfe für den Abbau klimaschädlicher Subventionen sind überfällig“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Auch den Vorschlag für einen sozial-ökologischen Umbau der Entfernungspauschale ist der Finanzminister noch schuldig. Wenn im Finanzministerium etwas Arbeitszeit übrig ist, sind diese Punkte abzuarbeiten. Immerhin hat Lindner das persönlich zugesagt“, sagte Gelbhaar.

Dorothee Martin, SPD-Verkehrspolitikerin, erwartet von Bundesfinanzminister Lindner, dass er Ergebnisse liefert.
Dorothee Martin, SPD-Verkehrspolitikerin, erwartet von Bundesfinanzminister Lindner, dass er Ergebnisse liefert. © imago/Future Image | IMAGO/Jean MW

Der Grüne und seine Koalitionskollegin Dorothee Martin, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, sind sich in diesem Fall einig. Martin sagte unserer Redaktion: „Bevor wir uns um die Besteuerung noch nicht vorhandener Kraftstoffe kümmern, die vielleicht irgendwann in der Zukunft einmal eine kleine Rolle spielen werden, sollten wir endlich die drängenden Fragen angehen.“ Dazu gehört für die Verkehrspolitikerin unter anderem „die längst überfällige Reform der Dienstwagenbesteuerung“. Sie freue sich auf Lindners Vorschläge.

Der Finanzminister räumte ein, dass es noch eine Weile dauern werde, bis Autos mit E-Fuels im Tank auf deutschen Straßen fahren werden. Sein baden-württembergischer Amtskollege, Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Grüne), kommentierte die unklaren Zukunftsaussichten bei E-Fuels bei Twitter scherzhaft mit dem Hinweis: „Apropos Zukunft des Steuerrechts im Verkehrsbereich – wollen wir Fahrten zum Mond künftig mit 19 oder sieben Prozent Mehrwertsteuer belegen?“ Finanzminister Lindner blieb jedoch unbeirrt: „Für die Menschen und die Wirtschaft wird es eine wichtige Planungsgröße sein, dass die E-Fuels günstiger besteuert werden als fossile Kraftstoffe.“

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Unions-Verkehrspolitiker Thomas Bareiß (CDU), warnte davor, die Steuersenkung für E-Fuels zu früh einzuführen. „Der Umstieg auf CO2-freundliche Kraftstoffe und die Änderung der Besteuerung muss zeitlich abgestimmt sein“, sagte er unserer Redaktion. „Alles andere wäre eine einseitige Steuererhöhung.“ Eine Reform der Kfz-Steuer dürfe nicht auf Kosten der Menschen gehen, die täglich aufs Auto angewiesen sind, sagte Bareiß.

Autoindustrie begrüßt die Technologieoffenheit

Der Verband der Automobilindustrie reagierte am Wochenende positiv auf den Kompromiss zwischen Bundesregierung und EU-Kommission. „Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien, um die EU-Klimaziele zu erreichen“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, setzt auf E-Fuels.
Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, setzt auf E-Fuels. © FUNKE Foto Services | Jörg Krauthöfer

E-Fuels seien da eine wichtige Erweiterung des möglichen Spektrums. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer befürchtet allerdings eine Verunsicherung der Auto-Hersteller, die gerade nach dem richtigen Ausstieg aus den fossilen Kraftstoffen suchen. Das sei schlecht für die europäische Autoindustrie, „denn Chinesen und US-Amerikaner werden durch die neuen Investitionsverunsicherungen den Abstand zur europäischen Industrie beim Elektroauto vergrößern“.

Der Kompromiss zwischen Bundesregierung und EU-Kommission beendet eine lange Hängepartie. Europaparlament und EU-Staaten hatten sich eigentlich schon im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland bestand allerdings darauf, dass mit E-Fuels betankte Autos einbezogen werden. Die Bundesregierung blockierte Anfang März auf Drängen der FDP die Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten, weil ihr die Zusagen der Kommission noch nicht ausreichten. Neben Deutschland standen dem Vorhaben ursprünglich auch andere Länder wie Italien, Österreich und Polen kritisch gegenüber.

Für die Umsetzung der Lösung wurden laut Wissing jetzt konkrete Abläufe und ein Zeitplan verbindlich fixiert. „Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist“, sagte er. Die endgültige Abstimmung aller 27 EU-Staaten soll nun am kommenden Dienstag stattfinden. Mit der deutschen Zustimmung gilt es als ziemlich sicher, dass die notwendige Mehrheit erreicht wird.

Meinung: Deshalb hat sich Wissings Einsatz für die Zukunft des Verbrenners gelohnt