Es gebe keinen Spielraum für Entlastungen der Bürger. Altkanzler Gerhard Schröder mahnt die SPD, nicht grüner sein zu wollen als die Grünen.

München/Hamburg. Es ist ein Rundumschlag, der die Sommerpause der Berliner Politik belebt. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), mittlerweile Wirtschaftsberater und Strippenzieher hinter den Kulissen, hat sich in die aktuelle Politik eingemischt und seine Partei ermahnt. Schröder hat außerdem die Steuersenkungspläne von Angela Merkels schwarz-gelber Koalition kritisiert. Dafür gebe es aktuell keine Spielräume. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen stehe im Vordergrund. „Und das ist im Moment wichtiger als das Versprechen von Steuersenkungen“, sagte Schröder in einem Interview mit dem „vbw Unternehmermagazin“.

„Diejenigen Finanzpolitiker, die sagen, auf uns kommen im Zuge der Stabilisierung des Euro so große Probleme zu, dass eine Steuersenkung nicht darstellbar ist, haben Recht“, sagte Schröder. Zugleich wies er darauf hin, dass es unter seiner damaligen rot-grünen Regierung bereits eine große Steuerreform gegeben habe. „Einiges haben wir schon bewegt. Den Eingangssteuersatz hatten wir seit 1998 von 25,9 auf 14 Prozent, den Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent gesenkt.“

Die Koalition aus Union und FDP will in dieser Wahlperiode untere und mittlere Einkommen entlasten. Trotz monatelanger Diskussion sind Umfang und Zeitpunkt aber weiter unklar.

Schröder warnte seine eigene Partei außerdem vor falschen Konsequenzen aus dem Umfragehoch der Grünen. Die SPD sollte nun nicht die Grünen „auf grünem Weg überholen“ wollen, sagte Schröder. Vielmehr sollten die Sozialdemokraten „deutlich machen, dass sie diejenigen sind, die Ökologie und Ökonomie buchstabieren können – und nicht nur Ökologie“. Schröder forderte die SPD zudem auf, an den umstrittenen Hartz-IV-Reformen festzuhalten. An deren Grundprinzipien dürfe „man nicht rütteln“.

Weiterhin spricht sich Schröder für einen „möglichst raschen“ EU-Beitritt der Türkei aus. Dieser Schritt werde vor dem Hintergrund der politischen Veränderungen in den nordafrikanischen Staaten immer wichtiger, sagte Schröder. Die Türkei sei „ein Staat, in dem ein nicht-fundamentalistischer Islam zusammengebracht worden ist mit Demokratie und den Werten der europäischen Aufklärung“. Schröder fügte hinzu: „Freilich, da gibt es auch Defizite, das weiß jeder. Aber es ist ein Modell, das im gesamten Maghreb funktionieren würde.“ (dpa/dapd/abendblatt.de)