Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin wird nicht den Quadriga-Preis erhalten. Die Preisverleihung wurde für 2011 abgesagt.

Berlin. In diesem Jahr wird es keinen Quadriga-Preis geben. Grund sind die Querelen um Wladimir Putin als möglicher Preisträger des Einheitspreises. Die massive Kritik habe das Kuratorium zu dieser Entscheidung gezwungen, teilte der Verein Werkstatt Deutschland am Sonnabend in Berlin mit. Die Entscheidung werde die deutsch-russischen Beziehungen aus Sicht Moskaus nicht beeinflussen, hieß es in einer ersten Reaktion eines Putin-Sprechers. Der russische Ministerpräsident sollte am 3. Oktober, am Tag der Deutschen Einheit, „für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen“ ausgezeichnet werden.

Es hatte mehrere frühere Preisträger gegeben, die eine Entscheidung für Putin kritisiert hatten, Mitglieder des Kuratoriums waren aus Protest zurückgetreten. Kritik gab es vor allem, weil Putin mangelnde Beachtung der Menschenrechte vorgeworfen wurde. Vaclav Havel, Preisträger 2009, erwog die Rückgabe seiner Auszeichnung.

In seiner Erklärung schrieb das Kuratorium des undotierten Preises, die Entscheidung sei „angesichts des zunehmend unerträglichen Drucks und der Gefahr weiterer Eskalierung“ gefallen. Die Quadriga habe sich bei den Betroffenen entschuldigt und um Verständnis dafür gebeten, dass sie sich gezwungen sehe, von einer Preisverleihung abzusehen. Die Erklärung wurde zwei Tage vor neuen deutsch-russischen Regierungskonsultationen veröffentlicht.

Keinen Preis erhalten damit auch die weiteren drei Nominierten, die mexikanische Außenministerin Patricia Espinosa, die türkischstämmige Autorin und Lehrerin Betül Durmaz und der palästinensische Premierminister Salam Fayyad. Über die Zukunft des Preises wird nach Angaben des Pressesprechers in den kommenden Wochen beraten.

Putin-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Nichtvergabe hänge mit dem „Chaos innerhalb der Jury“ zusammen. Sie werde keinen Einfluss auf die deutsch-russischen Beziehungen haben. „Das hat damit gar nichts zu tun“, sagte Peskow am Sonnabendabend. Putin habe bereits viele Preise erhalten. „Diese Auszeichnungen belegen den Respekt und die gebührende Hochachtung in der Welt für den russischen Ministerpräsidenten.“ Moskau hatte die Diskussion um die Preisverleihung an Putin seit Tagen beobachtet, aber sehr zurückhaltend kommentiert.

Auch der russische Politologe Wladislaw Below sieht keinen Schaden für die Beziehungen zwischen Moskau und Berlin. „Die Beziehungen sind fest und gut“, sagte der Deutschland-Experte am Sonnabend in Moskau. „Für Putin aber ist das ein Affront, sein Image wird dadurch beschädigt“, meinte Below. Vor allem der Verein Werkstatt Deutschland habe viele Fehler gemacht und lasse den Regierungschef nun mit der „schlecht vorbereiteten Preisvergabe“ unmöglich dastehen.

Der tschechische Ex-Präsident und frühere Dissident Havel hatte für Montag konkrete Schritte angekündigt, wie seine Assistentin Sabina Tancevova sagte. Offenbar wollte er seinen Preis zurückgeben, wenn der Verein an der Preisverleihung an Putin festgehalten hätte.

Havel wollte nach Informationen aus Prag sein Vorgehen mit einem weiteren tschechischen Preisträger, dem Bürgerrechtler Simon Panek, abstimmen. Dieser hatte am Mittwoch erklärt, dass er „definitiv nicht in gleicher Reihe mit Putin“ stehen wolle. Der dänische Installationskünstler Olafur Eliasson hatte seine eigene Auszeichnung bereits aus Protest zurückgegeben. Grünen-Chef Cem Özdemir war von seinem Kuratoriumsposten zurückgetreten, genauso wie der Heidelberger Historiker Edgar Wolfrum.

Die Auszeichnung, die nach der Viergespann-Skulptur auf dem Brandenburger Tor benannt ist, sollte zum elften Mal vergeben werden. Zu den früheren Quadriga-Preisträgern gehörten Königin Silvia von Schweden, die Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Helmut Kohl, der afghanische Präsident Hamid Karsai und Israels Staatspräsident Schimon Peres. Auch der ukrainische Staatspräsident Viktor Juschtschenko und das Internet-Nachschlagewerk Wikipedia wurden bereits geehrt.

Putin selbst, der auch schon Präsident seines Landes war, äußert sich bisher nicht. Das Kuratorium hatte die Preisverleihung offenbar im März mit Putins außenpolitischem Referenten abgestimmt. Von Montag an finden in Hannover deutsch-russische Regierungskonsultationen statt, bei denen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Dmitri Medwedew treffen. Große Delegationen aus Berlin und Moskau wollen dann über die bilaterale Beziehung reden und Verträge abschließen. (dpa)