CDU: Die Grünen müssen den Widerstand aufgeben. Stuttgart 21 soll den Stresstest bestanden haben. Kritiker sprechen von Tricks.

Stuttgart/Berlin. Die Ergebnisse des wegweisenden Stresstests beim umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 sorgen schon im Vorfeld der Veröffentlichung am 14. Juli für heftigen Streit. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Grünen bereits aufgefordert, den Widerstand gegen Stuttgart 21 aufzugeben. Sollte der Stresstest für den geplanten Tiefbahnhof erfolgreich absolviert worden sein, gebe es für die Grünen „endgültig keinen Grund mehr, weiter auf den Barrikaden zu bleiben“, sagte Gröhe dem „Tagesspiegel“. „Es wäre eine grobe Missachtung des Schlichterspruchs, wenn die Grünen jetzt immer neue Hürden aufbauen“, mahnte er. Zuvor hatte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) angedeutet, dass er davon ausgeht, die Bahn dürfte ein für sie positives Ergebnis erreichen. „Nach den bisher durchgesickerten Informationen wird der Stresstest wohl nicht scheitern“, zitierte die „Frankfurter Rundschau“ Hermann. Über sein Ministerium erklärte Hermann allerdings, die Ergebnisse lägen seinem Hause noch nicht vor.

Der Stresstest soll klären, ob der geplante Tiefbahnhof in Spitzenzeiten 30 Prozent mehr leisten kann als der derzeitige oberirdische Kopfbahnhof. Der Test war in wochenlangen Schlichtungsgesprächen zwischen der früheren schwarz-gelben Landesregierung, die Stuttgart 21 befürwortete, der Deutschen Bahn und Projektgegnern vereinbart worden.

Das Konzept für Stuttgart 21 hat aus Sicht der Bahn dem Stresstest weitgehend standgehalten. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Bahn erfuhr, hält der Konzern nur einige vergleichsweise kostengünstige Ergänzungen für nötig. Zusätzliche Gleise seien demnach nicht erforderlich, damit der geplante, rund 4,1 Milliarden Euro teure Tiefbahnhof wie versprochen 30 Prozent mehr Zugverkehr ermöglicht. Endgültig ist das Ergebnis allerdings noch nicht, es steht noch eine Auswertung der Verkehrsberatungsfirma SMA aus.

Die Suttgart-21-Gegner sprachen von psychologischen Spielchen und zweifelten die Ergebnisse an. Solange die Bahn nicht offen lege, wie sie zu ihren Daten gekommen sei, könne sie alles behaupten, sagte Parkschützer Matthias von Herrmann. „Das ist wie bei einer Blackbox: Wir haben ein Ergebnis, aber wir wissen nicht, auf welcher Grundlage es zusammengekommen ist. Und da gibt es viele Tricks.“

Im Fokus des Stresstests steht vor allem die Zeit zwischen 7 und 8 Uhr morgens. Die Bahn will in dieser Stunde 49 Züge abfertigen. Die Gegner stellen dies infrage. Eine Studie der Grünen kam zu dem Ergebnis, dass in dieser Zeit maximal 42 Züge abgefertigt werden können. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse wurden aus dem Umfeld des Konzerns als großer Erfolg gewertet. Die Pläne müssten nur in wenigen Punkten geändert werden: Alle Strecken bis Wendlingen erhielten zusätzlich zum elektronischen Zugsicherungssystem konventionelle Leit- und Sicherungstechnik, damit keine Züge umgerüstet werden müssen. Außerdem fordert das Ergebnis der Bahn die zweigleisige westliche Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke. Die zusätzlichen Kosten von 25 Millionen Euro für die Flughafenanbindung werde die Bahn übernehmen.

Heiner Geißler hatte in seinem Schlichterspruch im November auch die Anbindung der bestehenden Ferngleise von Zuffenhausen an den neuen Tunnel von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof und eine zweigleisige und kreuzungsfreie Anbindung der sogenannten Wendlinger Kurve verlangt. Ex-Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) hatte den Preis der damals genannten baulichen Veränderungen auf rund 150 Millionen Euro beziffert – ohne ein neuntes und zehntes Gleis im Tiefbahnhof.

Herrmann und Geißler planen ein Vorgespräch mit allen Beteiligten für die Präsentation des Stresstests. Man wolle Einvernehmen über die Rahmenbedingungen herstellen, sagte ein Ministeriumssprecher. (abendblatt.de/rtr/dpa)