Er bietet Hilfen an und trifft sich mit Bloggern und Oppositionellen: „Was für uns das Brandenburger Tor ist, ist für die Ägypter der Tahrir-Platz“.

Kairo. Deutschland will den Weg Ägyptens zur Demokratie mit umfangreichen Hilfen unterstützen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle bot nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Ahmed Abul Gheit in Kairo eine Transformationspartnerschaft an und betonte, der demokratische Prozess müsse zu einer Verbesserung der Lebenschancen aller führen. Die Reisewarnungen und Reisehinweise für das nordafrikanische Land fuhr das Auswärtige Amt derweil wieder zurück. Damit wird Tourismus aus Deutschland wieder möglich. Ägypten kämpft zurzeit mit den wirtschaftlichen Folgen der 18 Tage dauernden Massenproteste, die vor eineinhalb Wochen zum Rückzug von Präsident Husni Mubarak führten. Schätzungen zufolge haben die Unruhen die ägyptische Wirtschaft umgerechnet rund 217 Millionen Euro am Tag gekostet, vor allem wegen ausbleibender Einnahmen aus dem Tourismus und fehlender Gebühren für die Nutzung des Suezkanals. Jährlich besuchen rund 1,2 Millionen Deutsche Ägypten.

Vorgesehen sind nun eine engere wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit, Unterstützung beim Aufbau der Zivilgesellschaft und einer unabhängigen Justiz, Bildungsangebote sowie Jugend- und Studentenaustausch. Ägypten soll bei der Entwicklungszusammenarbeit weiter Schwerpunktland sein, vor allem Wasser- und Energiefragen sind dabei im Fokus.

Zur Stärkung der Wirtschaft sind acht Millionen Euro für die Beschäftigungsförderung Jugendlicher vorgesehen und 20 Millionen Euro für Mikrokredite. Westerwelle setzt sich zudem für eine weitere europäische Marktöffnung für Produkte aus Ägypten ein. Ein ähnliches Hilfspaket hatte er Tunesien bei einem Besuch Mitte Februar in Aussicht gestellt.

Der Minister würdigte den Kampf der ägyptischen Demokratiebewegung. Deutschland habe selbst vor zwei Jahrzehnten eine friedliche Revolution erlebt. „Deshalb fühlen wir mit dem ägyptischen Volk, bewundern das ägyptische Volk“, betonte er. Die „demokratische Revolution“ müsse nun aber auch zu Verbesserungen führen. Die Menschen müssten merken, dass Freiheit und Demokratie Wohlstand für die Familien und Zukunftschancen für die Jugend brächten. Westerwelle fügte hinzu: „Wir sind nicht hier, um zu bevormunden.“ Deutschland wolle unterstützen, Angebote machen. „Und Sie müssen entscheiden, ob Sie diese Angebote annehmen wollen.“ Die Bundesregierung wolle eine „Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe“, betonte er. „Ägypten ist ein stolzes Land, die Ägypter sind ein stolzes Volk.“ Abul Gheit nannte Westerwelle einen „Freund der Ägypter“. Im Zusammenhang mit dem demokratischen Wandel versprach er, dass demnächst die politischen Gefangenen freikommen sollten.

Nach dem Gespräch mit seinem Amtskollegen traf sich der Bundesaußenminister mit dem Vorsitzenden des Obersten Militärrats, Mohammed Tantawi. Die Streitkräfte haben seit dem Rückzug Mubaraks die Macht in dem Land übernommen. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen versicherte Tantawi bei dem Treffen, dass die Armee die Führung in einer schwierigen Zeit habe übernehmen müssen und sie so schnell wie möglich wieder abgeben wolle. Spätestens nach sechs Monaten, wenn es Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gebe, werde auch der Ausnahmezustand aufgehoben.

Am Nachmittag ging Westerwelle gemeinsam mit Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) über den berühmten Tahrir-Platz. Auf dem Platz der Befreiung hatten Hunderttausende Ägypter demonstriert, bis Mubarak zurücktrat. Umgeben von mehr als 100 jubelnden Kairoern verglich der Bundesaußenminister den Wandel in dem nordafrikanischen Land mit der deutschen Wiedervereinigung: „Was für uns Deutsche das Brandenburger Tor ist, ist für die Ägypter der Tahrir-Platz“.