Italiens Medien stellen bereits Ranglisten mit Liebhaberinnen wie Ruby auf. Silvio Berlusconi droht eine Anklage wegen Förderung der Prostitution.

Rom. Der Vatikan hat sich angesichts von Vorwürfen wegen Begünstigung der Prostitution Minderjähriger gegen den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, 74, erstmals von dem Regierungschef distanziert. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone forderte Zeitungsberichten zufolge nach Berichten über mutmaßliche Sex-Partys des Politikers „mehr Sittlichkeit, Gerechtigkeit und Legalität“.

Der Heilige Stuhl verfolge „aufmerksam und besorgt“ die Debatte um den Ministerpräsidenten, sagte der Kardinal in ungewöhnlich kritischem Ton bei einem Besuch in einem Pflegeheim in Rom. Bertone wies auf die Vorbildfunktion von Politikern hin. Diese hätten „große Verantwortung im Hinblick auf die Familien und künftige Generationen“. Bertone erinnerte an die Forderung des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano, die Vorwürfe gegen Berlusconi zu klären. In der Vergangenheit hatte der Vatikan vereinzelte Kritik italienischer Bischöfe an Berlusconi in deutlicher Form zurückgewiesen. Es scheint, dass auch Papst Benedikt XVI. sich Sorgen um die Moral in Italien macht. Die Aussagen Bertones sind sicherlich Ausdruck eines Umschwenkens im Vatikan. Bislang hatte sich das Oberhaupt der Katholiken zurückgehalten.

Die linke Opposition in Italien will zehn Millionen Unterschriften sammeln, „um Berlusconi nach Hause zu schicken.“ Das kündigte der Chef der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pier Luigi Bersani, an, wie italienische Medien berichteten. Notwendig sei nun eine „Volksmobilisierung“. Berlusconi wird von der Staatsanwaltschaft in Mailand verdächtigt, mehrere junge Mädchen gegen Bezahlung zu orgienartigen Festen und Nächten in sein Luxus-Anwesen Arcore bei Mailand eingeladen zu haben, darunter die damals noch minderjährige „Ruby“.

Derweil sucht Italiens Klatsch- und Promi-Presse nach der geheimnisvollen Frau, mit der Berlusconi seit der Trennung von Gattin Veronica Lario eine „feste Beziehung“ haben will. Während politische Beobachter meinen, Berlusconi könne mit dieser Enthüllung von seinen Affären ablenken wollen, hatte das Boulevard-Blatt „Novella 2000“ sofort eine Hit-Liste von einem Dutzend Damen aufgestellt. Darin führt als eventuelle Berlusconi-Partnerin die 49-jährige Unterstaatssekretärin Daniela Santanché.

Es tauchen aber auch Namen auf wie Aisha Gaddafi, die „Claudia Schiffer der Wüste“ genannte Tochter des libyschen Führers, oder Namen wie der einer Witwe eines russischen Magnaten. Dass sich Berlusconi auch den Zorn des Vatikans zugezogen hat, dürfte dem konservativen Regierungschef wegen der katholischen Wählerschichten ungelegen kommen.

Sollten sich die Vorwürfe gegen Berlusconi erhärten und er vor Gericht gestellt werden, droht ihm eine Haftstrafe. In Italien ist Sex mit Prostituierten erlaubt, mit Minderjährigen steht er hingegen unter Strafe. Das italienische Verfassungsgericht hatte vergangene Woche die Immunität Berlusconis aufgehoben und damit eine Strafverfolgung des Regierungschefs ermöglicht.